Samstag, 15. Dezember 2012

"Sodomismus" als politische Ideologie und juristische Theorie.

In der großen Sexualstrafrechtsreform des Jahres 1969 wurde die Strafbarkeit von Ehebruch und Kuppelei, die Strafbarkeit schwuler sexueller Handlungen unter erwachsenen Männern (lesbischer Sex stand noch nie unter Strafe) und die Strafbarkeit des sexuellen Verkehrs mit Tieren (Sodomie) abgeschafft. Das Inzestverbot blieb. Sodomie soll nun zwar nicht wieder strafbar werden, soll aber immerhin als Ordnungswidrigkeit gelten. Gegen das Inzestverbot rennen gewisse Vertreter der Strafrechtslehre seit Jahren an. Die selben kämpfen gegen die erneute Sanktionierung der Sodomie, mit den selben Argumenten. Sie könnten Erfolg haben. Aber welches Freiheits-, Rechts- und Staatsverständnis steht dahinter?

Vor einigen Tagen blättere ich auf einem Gerichtsflur in meinem Strafrechtskommentar. Natürlich DEM Strafrechtskommentar, dem "Fischer". Kein Verteidiger, kein Strafrichter, kein Staatsanwalt ist ohne (Schwarz/Dreher/Tröndle/)Fischer, dem Strafrechtsvademecum. Nur so, mal schaun was da so drin steht. Ich lese den Kommentar zu § 173 StGB (Inzestverbot). Mit dem Bundesverfassungs-gerichtsurteil zum § 173 und dem Zeitgeistjuristen Hassemer habe ich mich ja hier schon auseinandergesetzt. Einigermaßen fassunglos stelle ich fest, daß sich der Kommentar auf einer ganzen Seite mit der Kritik am Inzestverbot befaßt und Hassemers Minderheitenvotum breiten Raum gibt und zustimmend kommentiert.

Nun hat sich Hassemer erwartungsgemaß auch zu den Reformvorhaben im Hinblick auf das Sodomieverbot (hier eng gefaßt als Verbot des geschlechtlichen Verkehrs mit Tieren) geäußert.

Nun muß man ja dazu sagen, daß nicht daran gedacht ist, das Sodomieverbot wieder in das StGB aufzunehmen. Es geht auch nicht um die menschliche "Sittlichkeit", sondern um den Tierschutz. Das neue Sodomieverbot bewahrt das seit 1969 geltende Dogma, daß sich der Staat um die "Stittlichkeit" seiner Bürger nicht zu kümmern habe. Die zuständigen Abteilungen der Polizeipräsidien sind nunmehr Abteilung für "Sexualdelikte" obwohl jeder, der sich in diesem Bereich tummelt, nach wie vor von der "Sitte" spricht und weiß, was gemeint ist. Es ist ja auch nicht mehr von Sodomie die Rede, sondern von Zoophilie. Klingt ja eindeutig viel netter.

Da gibt es sogar einen Verband, und einen Vorsitzenden, der Interviews gibt. Der Verband heißt so ähnlich wie PETA, nämlich ZETA:  "Zoophiles Engagement für Toleranz und Aufklärung". Toleranz und Aufklärung ist immer gut, auch wenn ich in der Regel Zuckungen im A... kriege, wenn so ein Zeitgeistapostel diese Begriffe in der Mund nimmt. Wer starke Nerven hat, kann das Interview hier nachlesen.

Now we should listen to Mistah Hassemer.

Ein Argument kommt da ja immer, das dümmste:
Süddeutsche (na wer sonst): Darf eine Gesellschaft nicht sagen: "Das wollen wir nicht, das soll nicht sein?"  
Selbstverständlich, doch um das durchzusetzen, ist das Strafrecht nicht das geeignete Instrument. In der Erziehung, in den Medien oder in der Kirche sollte man sich gegen diese Form der Sexualität einsetzen - das ist eine Frage der Moral.
Nun ist ja auch Raub, Mord, Vergewaltigung moralisch fragwürdig. Trotzdem kommt niemand auf die Idee, hier die Medien oder die Kirche für zuständig zu halten. Wirklich entscheidend ist aber dann doch immer wieder das folgende Argument:
SZ: In der Novelle des Tierschutzgesetzes soll unter anderem sexueller Kontakt zu Tieren unter Strafe gestellt werden. Sie halten das für einen Fehler. Warum? 
Hassemer: Weil ein solches Verbot den Grundsätzen des liberalen Strafrechts widerspricht. Moralische Fragen, und nur darum geht es hier, sollten nicht Sache des Strafrechts sein. Anders gesagt: Dass Sex mit Tieren widerwärtig ist, reicht nicht aus, ihn zu verbieten und mit Strafe zu verfolgen.
Dieses ist des Pudels Kern. Mit der Reform des Sexualstrafrechts wurde auch der Titel des Dreizehnten Abschnitts des StGB geändert. Im RStGB von 1871 hieß der Abschnitt noch "Verbrechen und Vergehen gegen die Sittlichkeit und umfasste auch den Abschnitt Straftaten gegen der Personenstand, die Ehe und die Familie.  (heute zwölfter Abschnitt). Als Sodomie galt die "widernatürliche Unzucht" zwischen Männer und mit Tieren.

Welchen Sinn dieser Abschnitt hatte, läßt sich am besten an der Strafvorschrift gegen Ehebruch erläutern. Strafbar war nach § 172 der Ehebruch nur dann, wenn er Anlaß zur Scheidung einer Ehe war.  Der Schutz der "Sittlichkeit" diente also dem Schutz von Ehe und Familie, als Grundbedingung jeder menschlichen Gesellschaft, die fortbestehen will. Ehebruch gefährdet diese existentielle Voraussetzung jeder stabilen Gesellschaft. Sex, so sagt es dieser ganze Abschnitt ist nur legitim zwischen Mann und Frau, die miteinander in einer auf Lebenszeit geschlossenen Ehe verbunden ist.

Wenn man diesen Gedanken als "illiberal" ansieht, ist alles möglich. Natürlich auch der Sex mit Tieren.

Aber wer diese Form der Freiheit, besser der Libertinage, für erstrebenswert hält, sollte sich auch mit den Konsequenzen für die ganze Gesellschaft befassen.

Vor mehr als 2.000 Jahren machte Kaiser Augustus mit der Lex Julia de Adulteriis Coercendis Ehebruch zu einer Sache, die den Staat etwas angehe. Bis dahin war die Bestrafung des Ehebruchs gewissermaßen Privatsache. Augustus aber war mit einer sexuellen Revolution konfrontiert, die zu einer massiven demographischen Krise des römischen Reiches geführt hatte. Der göttliche Kaiser, der Augustus, suchte mit diesem Gesetz nach einer Lösung.

Wir aber leben nun nach 1969 im nachaugusteischen Zeitalter. Und es ist eigentlich nicht zu übersehen, daß das "liberale Strafrecht" zusammen mit einem "liberalen Familienrecht" zur schwersten gesellschaftlichen Krise in der Geschichte unseres Landes geführt hat.

3 Kommentare:

  1. Sehr gut.
    Aber die Ursache des Problems schient mir die Vernachlässigung der Ehezwecke zu sein.
    Oder anders ausgedrückt, in der Lesung von Gestern heißt es:
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    Hättest du doch auf meine Gebote geachtet! ............Deine Nachkommen wären zahlreich wie der Sand und deine leiblichen Kinder wie seine Körner.
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    Tja, wer betrachtet denn zahlreiche Nachkommen heutzutage noch als Segen ?!?

    Und so sind wir wieder mit dem gleichen Problem konfrontiert wie der Kaiser Augustus.

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  2. Meiner Theorie nach, steckte hinter der Gesetzgebung u.a. gegen Sodomie und männliche Homosexualität, das stark erhöhte Risiko für Geschlechtskrankheiten, das nun einmal generell nach oben schnellt, sobald Analverkehr in irgendeiner Form mit im Spiel ist. Da sind die Lesben außen vor, sie können sogar auf hormonelle Verhütungsmittel verzichten, die extrem gesundheitsschädlich sind. Bei ihnen ist es wirklich eine rein moralische Frage, die den Gesetzgeber eher weniger interessiert.

    Und die Tierschützer werden sich was den Missbrauch von Tieren angeht, wohl durchsetzen, da den armen Geschöpfen gerade in letzter Zeit sehr schwere Verletzungen durch solche Leute zugefügt wurden.

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  3. Von Geschlechtskrankheiten war in der Antike noch nicht die Rede. Analverkehr wird von Homosexuellen nicht regelmäßig ausgeübt, etwa die Hälfte hat damit nichts zu tun. Und bei dem Sodomismusverbot geht es explizit nicht um den Schutz von Tieren, denn der ist durch das Tierschutzgesetz gewährleistet. Es geht wirklich nur um den sexuellen Verkehr mit Tieren.

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