Sonntag, 28. April 2013

Grüner Parteitag: Den Staat als Räuberbande denken.

Aurelius Augustinus, älteste Darstellung

Wie wohl Augustinus und Leo der XIIIte den heute endenden Grünen-Parteitag kommentiert hätte?

Die Grünen haben eine lineare Erhöhung des Spitzensteuersatzes auf 45 % (bis 60.000 Euro Jahreseinkommen) und 49 % (ab 80.000 Euro Jahreseinkommen) beschlossen, bei gleichzeitiger Abschaffung des Ehegattensplittings. Gleichzeitig soll eine Vermögensabgabe von 1,5 % gezahlt werden, aus verfassungrechtlichen Gründen gedeckelt auf 35 % des Jahreseinkommens. Ein Gutverdiener - nicht etwa ein Bestverdiener - zahlt damit bis zu 84 % Einkommenssteuern per anno, und zwar unabhängig davon, ob er eine Familie zu ernähren hat, oder nicht. Die Grünen also, so schließe ich, sind die geschworenen Feinde des Privateigentums, der Familie und - die durch die Verfassung garantierten Sonderrechte der Kirchen im Arbeitsrecht sollen abgeschafft werden - der Kirche.

So hätte Leo den Parteitag kommentiert:
The right to possess private property is derived from nature, not from man; and the State has the right to control its use in the interests of the public good alone, but by no means to absorb it altogether. The State would therefore be unjust and cruel if under the name of taxation it were to deprive the private owner of more than is fair.
Und so Augustinus:
Remota itaque iustitia quid sunt regna nisi magna latrocinia?

Samstag, 27. April 2013

Wo keimt die Gesellschaft? Kinder als Gemächsel

Die "Think Tanks" aller politischen Parteien haben inzwischen "Strategiepapiere" zum Umgang mit der liberalkonservativen AfD produziert. Oder verzapft.

Schon erstaunlich, was da an vorwiegend mit Steuergeldern finanzierten obskuren Institutionen existiert. Die FDP unterhält im Hans-Dehler-Haus zum Beispiel eine Abteilung "Strategie, Dialog und Kampagnen". Stell ich mir als so ne Art Oberste Heeresleitung der Freien Demokraten vor. Wahrscheinlich stehen da mit Dreispitz, Epauletten und doppelgeknöpften Litewkas uniformierte Strategen um den Sandkasten und postieren liberale Panzerhaubitzen und freidemokratische Leopardpanzer um ein versprengtes Häuflein mit Weltkriegs II-Flinten ausgestattete AfDler.

Jedenfalls sind die genialischen strategischen Erkenntnisse der FDP-OHL so geheim, daß sie die Presse nur in homöopathischen Dosen erreichen. Die erlauchten Strategen erkennen messerscharf in der liberalkonservativen AfD den Feind. Carl Schmitt läßt grüßen. 
Die, soweit erkennbar, ausgesprochen wertkonservativen Positionen zum Beispiel in der Familien-, Integrations- und Innenpolitik stehen den Inhalten der FDP diametral gegenüber.
Diesen Blog intressiert ja vor allem die Familienpolitik. Da heißt es  im AfD-Programm eigentlich nur kurz und knackig: "Die Familie ist die Keimzelle der Gesellschaft." Na und?
So schreibt die Abteilung Strategie, Dialog und Kampagnen des Thomas-Dehler-Hauses zur AfD-Programmatik: "Die Forderungen erinnern hier an einige Kernpunkte der Tea-Party-Bewegung." Damit meinen die Liberalen etwa die familienpolitischen Aussagen der AfD, die für einen Schutz der Familie als Keimzelle der Gesellschaft eintritt und Bildung als Kernaufgabe der Familie sieht.
Nun sieht ja auch Art. 6 GG die Familie als Keinzelle der Gesellschaft, die deshalb folgerichtig "unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung" steht. Art 6 GG also: Tea-Party. Prosit! Unsere selbsternannte Rechtsstaats und Verfassungspartei FDP kann  bei folgendem Text wohl nur noch an Tea-Party denken.
Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft. Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.  Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft. ...
Wo die *piep*liberalen mittlerweile die "Keimzelle" der Gesellschaft verorten, offenbart die folgende rührende Gesellschaftsnotiz:
Nach einer kurzen Pause melde ich mich hier mit einer privaten Nachricht zurück. Am Wochenende bin ich Vater geworden. Mutter und Kind sind wohlauf.
Soweit ja nicht unbedingt schlagzeilenträchtig. Nur daß der Vater liberaler Bundestagsabgeorndeter, stockschwul und mit einem Mann "verheiratet" ist. Und so heißt es dann in diesem rührenden Posting weiter:
Mutter und Kind sind wohlauf. Gemeinsam mit ihrer Frau und meinem Mann freuen wir uns sehr über unsere wundervolle Tochter.
Das also ist das "moderne" Familienbild, daß unsere "modernen" Parteien - die CDU ziert sich noch ein bißchen - gegen das "Tea-Party" Modell der Verfassung stellen. Vor kurzem hat da schon der emeritierte Oberbürgermeister meiner Heimatstadt Brehm, Henning Scherf ähnlich geschwärmt. Seine mit einer Frau "verheiratete" Tochter, hat ein Kind von einem mit einem Mann "verheirateten"Mann.

Patchwork-familiy by nature. Da wird es in Zukunft sicher interessante Momente geben. Zum Beispiel, wenn das kleine Mädchen vom Sexualkundeunterricht nach Hause kommt, und seine lieben Mammis fragt, wie es denn wohl gezeugt worden sei. Und wie fühlt man sich eigentlich als aufgeklärter Liberaler, nachdem man das eigene Kind, wie es Kant ausdrückt, zum "Gemächsel" gemacht hat?

Dienstag, 23. April 2013

Hommage to Maggie Thatcher: There is no such things like a left-wing roman catholic.

Gibt es linke Christen? Gar linke Katholiken? Oder sogar sozialistische Katholiken? Womöglich auch noch bolschewistische Katholiken?

Wie Sand am Meer, möchte man meinen. Es scheint vielmehr schon fast so, als gäbe es gar keine anderen Katholiken mehr als Linkskatholiken. Aber kann ein Katholik Sozialist sein?

No sir. Entweder weiß/gold oder Rot. Aber nicht weiß/gold/rot. Noch bis in die 50iger Jahre predigten brave katholische Pfarrer ihren Schäflein - trotz Kanzelparagraph, der ja noch bis 1953 galt, daß sie sich unterstehen sollten, bei den anstehenden Wahlen etwa die gottlosen Sozialisten zu wählen. Recht so. Und sie folgten dabei dem Lehramt der katholischen Kirche.
To remedy these wrongs the socialists, working on the poor man's envy of the rich, are striving to do away with private property, and contend that individual possessions should become the common property of all, to be administered by the State or by municipal bodies. They hold that by thus transferring property from private individuals to the community, the present mischievous state of things will be set to rights, inasmuch as each citizen will then get his fair share of whatever there is to enjoy. But their contentions are so clearly powerless to end the controversy that were they carried into effect the working man himself would be among the first to suffer. They are, moreover, emphatically unjust, for they would rob the lawful possessor, distort the functions of the State, and create utter confusion in the community.
So Leo XII in seiner berühmten Enzyklika "rerum novarum": "Um dieses Übel (der Pauperisierung der eigentumslosen Lohnabhängigen) zu bekämpfen, kämpfen die Sozialisten, indem sie den Neid der Armen gegen die Reichen schüren, dafür, das private Eigentum abzuschaffen, sie fordern, daß persönliches Eigentum das Eigentum aller werde, verwaltet durch den Staat oder durch kommunale Körperschaften. ... Doch es ist völlig klar, daß Ihr Programm ungeeignet sind, um das Dilemma zu lösen, vielmehr wird, wenn diese Utopien umgesetzt würden, der arbeitende Mensch der erste sein, der darunter leiden wird. Darüberhinaus ist dies eine schreiende Ungerechtigkeit, denn sie würden den rechtmäßigen Eigentümer berauben, die Funktion des Staates zerstören, und ein völliges gesellschaftliches Chaos anrichten".

1895, also Jahrzehnte vor dem großen gesellschaftlichen Experiment Realsozialismus ist diese Enzyklika geschrieben worden, 94 Jahre vor dem Zusammenbruch der Sowjetunion.

Aber halten wir fest: die sozialistische Lehre - übrigens, wie in der Enzyklika zu lesen, auch der sozialdemokratische Hochsteuerstaat - ist mit der katholischen Lehre nicht zu vereinbaren. Das hat nun so manchen Katholiken nicht daran gehindert, sich einer sozialistischen Partei anzuschließen. So zum Beispiel den Intimfeind Maggie Thatchers, Jacques Delors. Den Maggie Thatcher in einer ihrer berühmtesten Ansprachen wie folgt adressiert hat:
Yes, the Commission does want to increase its powers. Yes, it is a non-elected body and I do not want the Commission to increase its powers at the expense of the House, so of course we are differing. Of course… The President of the Commission, Mr. Delors, said at a press conference the other day that he wanted the European Parliament to be the democratic body of the Community, he wanted the Commission to be the Executive and he wanted the Council of Ministers to be the Senate. No. No. No. 
Or…. or…..or….. Perhaps the Labour party would give all those things up easily. Perhaps it would agree to a single currency, to total abolition of the pound sterling. Perhaps, being totally incompetent with monetary matters, they’d be only too delighted to hand over full responsibility as they did to the IMF, to a central bank. The fact is they have no competence on money and no competence on the economy—so, yes, the right honorable Gentleman would be glad to hand it all over. What is the point in trying to get elected to Parliament only to hand over your sterling and the powers of this House to Europe?
Aus der politischen Zuordnung der Kontrahenten kann man schließen, daß der Superstaat, den der linkskatholische Sozialist Jacques Delores im Auge hatte, ein sozialistisches Projekt ist. Vielleicht kein realsozialistisches aber doch sicher ein geldsozialistisches. Und daß die Lehre von rerum novarum längst vergessen ist.

Samstag, 20. April 2013

Das Massaker von Boston und ein unerhörtes Gebet

Die Stele von Ur-Namu

Nach dem Massaker von Boston, bei dem Terroristen mit einer auf die Vernichtung von Menschen ausgelegten Bombe drei Menschen töteten, unter anderem ein kleines Kind, und Dutzende schwer verletzten, las ich, daß eine junge Muslima betete;

"Oh Gott, gib, daß es keine Muslime waren"

Das Gebet blieb unerhört. Heute wissen wir, daß die beiden jungen Männer, gnadenlose Mörder, islamistische Terroristen tschetschenischer Herkunft waren.

Wer ist dieser Allah, der die flehentlichen Gebete seiner Gemeinde nicht hören will, und wer ist der, den diese Mörder anbeten? Ist es der selbe, oder ist es ein anderer?

Samstag, 6. April 2013

Wie die Zeit vergeht: "Mädchen und Jungenschulen hatten wir vor 150 Jahren."

Steinbrück ist mal wieder in einem Fettnapf gelatscht. Ausgerechnet aus religiösen Gründen denkt Steinbrück über nach Mädchen und Jungen getrennten (Sport)Unterricht nach. Was das mit Religion zu tun hat, erschließt sich mir nach heftigem Nachdenken durchaus, aber nicht ohne weiteres. Wo es ja schon so ist, daß der liebe Herrgot im Gegensatz zu Judith Butler durchaus einen Blick für die Differenz der Geschlechter hat.

Nun könnte man ja pädagogische Gründen dafür finden, oder besser, die liegen eigentlich auf der Hand. Aber zunächst geht es mal darum, den Kandidaten für seinen höchstgenderungerechten Vorschlag fertig zu machen.
Junge Leute benötigen moderne gesellschaftliche Orientierung – in Ergänzung oder auch im Gegensatz zu tradierten Familienriten. Mädchen- und Jungenschulen hatten wir vor 150 Jahren. Wir haben in Deutschland eben keine Geschlechtertrennung. Es kann nicht sein, dass wir jetzt die gesellschaftliche Uhr zurückdrehen.
Sagt Herr Buschkowsky - und outet sich damit als der verbohrte Sozialdemokrat, der er letztendlich ist. Wäre das wahr, dann müßte ich jetzt ungefähr 163 Jahre alt sein, denn im Alter von sechs Jahren wurde ich in eine Knabenschule eingeschult, und mit zehn Jahren besuchte ich ein Jungengymnasium. Buschkowsky schlägt mal hundert Jahre drauf. Erst Anfang der 60iger wurden wir koeduziert.

Mit, wie man heute weiß, fatalen Folgen. In unseren koeduzierten und efeminisierten Schulen geraten offenkundig die Jungen unter die Räder. 80% aller Schulversager ohne irgendeinen Abschluß sind männlichen Geschlechts. 80% der Sitzenbleiber sind Jungs. Der Anteil der jungen Männer an den Abiturient*innen sowie Hochschulabsolvent*innen beträgt nur noch schlappe 40 %.  Fatal für ein Industrie- und Hochtechnologieland, daß auf gut ausgebildete und immer noch vorwiegend männliche Ingenieure angewiesen ist.

Fatal auch für die holde Weiblichkeit, denn von den gut ausgebildeten Akademikerinnen bleiben 30 % unverheiratet. Frauen heiraten halt immer noch nicht nach unten, Männer vögeln lieber unverbindlich durch die Gegend und feiern das goldene Sexalter. (Vorsicht, link nur für starke Nerv*innen).

Man könnte also sagen, daß kaum etwas pädagogisch und gesellschaftlich gesehen so viel Unheil angerichtet hat, wie die Koedukation.

Aber nun geht es ja darum "die Werte des Grundgesetzes gegen Angriffe von Konservativen jeder Couleur zu verteidigen" sagt ausgerechnet ein "Linker", der (reform)kommunistische Bundestagsabgeordnete Jan Korte.

Und da wird es dann vielleicht doch wieder religiös. Es sind ja vorwiegend christliche Initiativen, die die guten alten Mädchen- und Jungengymnasien wieder beleben, und dabei bemerkenswerte pädagogische Erfolge erzielen. Gegen den verbissenen Widerstand der z.B. brandenburgischen rotroten Regierungs-Linken, die auch nach juristischen Niederlagen durch drei Instanzen in Potsdam ein christliches Jungengymnasium noch immer verhindern wollen, weil sie der irren Auffassung sind, die Koedukation sei von Verfassung wegen geboten.

Montag, 1. April 2013

Über Privateigentum, Veganer, Prohibition und Pädagogik.

Schon länger frage ich mich, wie sich eigentlich der systematische Zusammenhang zwischen eurokratischer Planwirtschaft (die sich als Variante des Geldsozialismus darstellt), veganer Weltanschauung  und der EU-Tabakrichtlinie erklären läßt. Schließlich bin ich seit meiner Studentenzeit Dialektiker und weiß, daß Alles mit Allem zusammenhängt. Für einen Chesterbelloc-Leser ist aber nun nichts leichter als das:
Die Sache hinter dem Bolschwismus und vielen anderen modernen Dingen ist eine neuartige Form des Zweifels. Dieser Zweifel ist nicht lediglich ein Zweifel an Gott; es ist vielmehr ein ganz spezifischer Zweifel am Menschen. Die Alte Moral, die Christliche Religion, die Katholische Kirche unterschied sich von dieser neuen Mentalität, weil sie wirklich und wahrhaftig an die Rechte des Menschen glaubte.  Das bedeutet, daß sie daran glaubte, daß gewöhnliche Menschen ausgestattet seien mit Macht, Privilegien und Autorität. Jeder gewöhnliche Mensch hat also ein Recht an toter Materie, jedenfalls bis zu einem gewissen Punkt; dies ist das Recht auf privates Eigentum. Jeder gewöhnliche Mensch hat das Recht, über die Tiere zu herrschen, jedenfalls innerhalb der Grenzen der objektiven Vernunft; dies ist der Gegensatz zum Vegetarianismus und vielen anderen Dingen. Jeder gewöhnliche Mensch hat das Recht, über seine eigene Gesundheit zu befinden, und welche Risiken er auf sich nehmen will in Bezug auf die gewöhnlichen Dinge, die ihn umgeben; dies ist der Gegensatz zur Prohibition und vielen anderen Dingen. Jeder gewöhnliche Mensch hat das Recht über die Gesundheit seiner Kinder zu befinden und er hat ganz allgemein das Recht, seine eigenen Kinder zu erziehen, so gut er es eben vermag; dies ist der Gegensatz zu vielen Formen der modernen staatlichen Pädagogik. Wo aber die Alte Religion in all diesen elementaren Dingen dem gewöhnlichen Menschen vertraute, da mißtraut die Moderne Philosophie dem gewöhnlichen Menschen. Sie besteht darauf, daß nur eine ganz außergewöhnliche Sorte Mensch das Recht hat, in diesen elementaren Dingen Entscheidungen zu treffen; und wer zu diesen außergewöhnlichen Menschen gehört, der hat das Recht, über andere sogar eher zu herrschen als über sich selbst. (Gilbert Keith Chesterton, The Outline of Sanity 1927)

Kardinal Woelki und der unverhoffte Tod der katholischen Soziallehre

Kaum ein Halbsatz hat den linksliberalen journaillistischen Sumpf so heftig aufwallen lassen, wie Bergoglios These von der "armen Kirche an der Seite der Armen". Das deutsche Folliton ist begeistert, die Journaille klatscht frenetisch Beifall, die FDP stellt gleich die nötigen Anträge. Die haben zwar nur das Ziel, die Kirche ärmer zu machen, doch irgendwo muß man ja schließlich anfangen.

Ich habe ja schon darauf gewartet, daß einer unser katholischen Prälaten einstimmen würde, und in der Tat, einer gab ein Interview und seit wenigen Tagen ist alles anders mit der katholischen Soziallehre. Kein Blatt Papier paßt nunmehr zwischen die Kirche und die Linkspartei. Kardinal Woelki ist für die Wiedereinführung der Vermögenssteuer und die Erhöhung der Erbschaftssteuer. Bingo! Aber ist das auch katholisch?

Nein. Ganz im Gegenteil. Aber zunächst muß man das Ziel der Vermögenssteuer verstehen. Die Vermögenssteuer ist eine Substanzsteuer, sie wird grundsätzlich erhoben ohne Rücksicht auf das Einkommen des Steuerpflichtigen, ebenso wie die erwähnte Erbschaftssteuer, wie Grundsteuer und Grunderwerbssteuer. Daß sie ohne Rücksicht darauf erhoben wird, ob der Steuerpflichtige die Steuer aus seinem Einkommen erwirtschaften kann, oder ob er gezwungen ist, einen Teil seinesVermögens zu verkaufen, war für das Bundesverfassungsgericht einer der Gründe, die Vermögenssteuer in ihrer früheren Form für verfassungswidrig zu halten.
Die Vermögensteuer darf nur so bemessen werden, daß sie in ihrem Zusammenwirken mit den sonstigen Steuerbelastungen die Substanz des Vermögens, den Vermögensstamm, unberührt läßt und aus den üblicherweise zu erwartenden, möglichen Erträgen (Sollerträge) bezahlt werden kann. Andernfalls führte eine Vermögensbesteuerung im Ergebnis zu einer schrittweisen Konfiskation, die den Steuerpflichtigen dadurch übermäßig belasten und seine Vermögensverhältnisse grundlegend beeinträchtigen würde
Es geht bei den reinen Substanzsteuern, als bei Erbschafts-, Vermögens-, Grund- und Grunderwerbssteuer stets um die entschädigungslose Enteignung von Vermögen. Wer nun glaubt, und Woelki scheint dies zu glauben, dies entspreche der katholischen Soziallehre, ist schief gewickelt. Das Grundgesetz der katholischen Soziallehre, nämlich die Enzyklika "rerum novarum" Leos des XIIIten besagt eindeutig das Gegenteil.

Leo XIII lobt die großen Vorzüge, die eine gleichmäßigere Verteilung des Eigentums für den Einzelnen und die Gesellschaft hat, und am Ende dieser Lobeshymne ermahnt er die Staatenlenker, nicht durch überhöhte Steuern dieses Eigentum zu konfiszieren. Leo ist, um es mit einem Begriff zu beschreiben, den Chesterton und Belloc geprägt haben, Distributist. Es ist keineswegs und keinesfalls Sozialist. Die Enzyklika rerum novarum enthält vielmehr eine heftige Kritik an den sozialistischen Utopien seiner Zeit. Leo will nicht das Eigentum abschaffen, sondern es gleichmäßiger verteilen.

Ein gleichmäßigere Verteilung des Eigentums mildere erstens den Konflikt zwischen den Besitzenden und den Habenichtsen, es steigere zweitens die Produktivität der menschlichen Arbeit (Leo sagt das Jahrzehnte vor der Entdeckung des TLC-Faktors durch E.F. Schumacher), und fördere drittens den Patriotismus und das Wohlbefinden der Menschen. Und was den Staat und die Steuer angeht:
Diese drei wichtigen Vorzüge können nur bewahrt werden, wenn sichergestellt ist, daß eines Mannes Einkommen und Vermögen nicht durch exzessive Besteuerung entzogen und erschöpft wird. Das Recht auf Privateigentum beruht nicht auf menschlicher Satzung, sondern folgt aus dem Naturrecht; der Staat hat zwar das Recht, den Gebrauch des Eigentums im Interesse des gemeinen Wohls zu kontrollieren, aber niemals das Recht, dieses Eigentum an sich zu reißen. Der Staat handelt also ungerecht und gewaltsam, wenn er unter dem Titel der Besteuerung dem privaten Eigentümer mehr entzieht, als angemessen und gerecht ist.
Hilaire Belloc hat dies wenige Jahre später in seinem Buch über den "Servile State" in ein Motto übersetzt:
...If we do not restore the Institution of Property we cannot escape restoring the Institution of Slavery; there is no third course.
Es fehlt hier der Raum, um die Enzyklika vollständig zu kommentieren. Aber Leos Rezepte für die Beantwortung der "sozialen Frage" sind wesensgemäß andere, als die der Sozialisten. Leo fordert zunächst einen gerechten Lohn auch für den einfachen Arbeiter, der ausreichen müsse, um nicht nur die elementaren Bedürfnisse eines Arbeiters und seiner Familie zu befriedigen, sondern auch, um Vermögen anzusparen und Eigentum zu schaffen.

Leo setzt auf moralische Aufrüstung in jeder Hinsicht, auf Privateigentum, auf eheliche Treue, auf die Familie als das Fundament jeder gerechten gesellschaftlichen Ordnung und auf gegenseitige Hilfe. Er setzt nicht auf den Staat, von dem er vielmehr Zurückhaltung und nicht zuletzt eine nur moderate Besteuerung verlangt, unter Beachtung des Naturrechts auf Privateigentum. Er verteidigt, weil er Familie und Privateigentum verteidigt, auch das Erbrecht. Er setzt auf den freien und unvorbemundeten Bürger, der in der Lage ist, mit der Hilfe seiner Familie, seiner Nachbarn, seiner Mitarbeiter, seiner Gemeinde seine eigenen Angelegenheiten selbst zu verwalten.

Lesen wir nach dieser Vorbereitung das Interview des Kardinals mit dem Tagesspiegel:
... der Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung hat deutlich gemacht, dass die Kluft hier immer größer wird. Mit Blick auf die Einkommen ist eine Angleichung erfolgt, aber nicht, was die Vermögen angeht. Es kann nicht sein, dass nur etwa zehn Prozent der reichsten deutschen Haushalte 58 Prozent des Privatvermögens besitzen. 
Sollte diese Gruppe mehr Steuern zahlen? 
Es muss eine stärkere Besteuerung der Vermögen, beispielsweise über die Erbschaftssteuer, gefunden werden und ein stärkerer sozialer Ausgleich.
Können die Rezepte von Sozialisten, die durch konfiskatorische Vermögenssteuern - oder durch die Abschaffung des Erbrechts - das Eigentum zerstören wollen, kompatibel sein mit der katholischen Soziallehre? Kann eine politische Kraft, die das Eigentum zerstören will, die Rezepte liefern für eine politische Kraft, die die Zahl der Eigentümer vermehren will? Wohl kaum.

Daß höhere Steuern - der heutige Staat nimmt soviel Steuern ein wie noch nie in der deutschen Geschichte - auch zu einer gerechtere Vermögensverteilung führen kann eigentlich niemand im Ernst behaupten. Die Steuern steigen und steigen, aber die Vermögensverteilung bleibt seit Jahrzehnten immer gleich. So besitzen in Deutschland die wohlhabendsten 20 Prozent der Bevölkerung 75 % des Immobilienvermögens. Die nächsten 20 Prozent der etwas weniger Wohlhabenden besitzen weiter 25 %. Der Rest besitzt nichts. Vor fünfzig Jahren war das schon genau so.

Verändern höhere Steuern, vor allem Substanzsteuern ,diese Eigentumsverteilung zugunsten der weniger Vermögenden? Das Gegenteil ist richtig. Wer die Vermögenssubstanz besteuert, vermehrt nicht die Zahl der Vermögenden, sondern vermindert sie. In Ländern wie Frankreich, die eine noch wesentlich brutalere Erbschaftssteuer kennen, enden viele Söhne von Unternehmern als Angestellte in den Unternehmen, die ihre Väter gegründet haben, weil sie nach Eintritt des Erbfalls das Unternehmen verkaufen mußten, um die Erbschaftssteuer zu zahlen. Das Unternehmen wird dann meist durch Kapitalgesellschaften übernommen, denen die Erbschaftssteuer völlig wurst ist, weil sie sie nicht zahlen müssen.

Sozialistische Rezepte führen eben zu sozialistischen Ergebnissen. Oder zum Staatskapitalismus. Was grosso modo das selbe ist. Das kann man eigentlich schon bei Leo dem XIIIten nachlesen. Oder bei Chesterton. Oder bei Hilaire Belloc. Oder bei E.F. Schumacher. Alles brave Katholiken.