Mittwoch, 16. April 2014

Vom Recht auf das rechte Maß

Johann ohne Land unterzeichnet die 12 Kopien der Magna Charta

Als Katalog der "Menschenrechte" wird die Magna Charta im Allgemeinen mißverstanden.  Doch das Programm der Charta ist viel weiter gespannt. Sie enthält unter Ziffer 35 unter anderem das Recht auf ein einheitliches Maßsystem für das gesamte Königreich.
"Una mensura Vini sit per totum regnum nostrum, et una mensione cervisie, et una mensura bladi, scilicet quarterium Londoniense, et una latitudo pannorum tinctorum et russetorum et halbergetorum, scilicet due ulne infra listasde ponderibus sit autem sit ut de mensuris."
" Es soll im ganzen Königreich ein einheitliches Maß für Wein, Bier und Korn geben, nämlich das Quart von London, außerdem ein einheitliches Maß für gefärbten Stoff, sowohl für rotgefärbten als auch für mehrfarbigen, nämlich zwei Ellen zwischen den Webkanten. Gewichte sollen in gleicher Weise vereinheitlicht werden."
Mit dem einheitlichen Maß für Wein ist die gallon gemeint, gemessen nach einem zylindrischen Gefäß mit einer Höhe von 6 und einem Durchmesser von 7 inch, später vereinheitlicht zu 231 Cubikinch. Die Doppelelle war das übliche Maß für mittelalterliche Webstühle. Sie entsprach einem Yard = drei Fuß = 2 Cubit.

Die Vereinheitlichung der Maße war eine wesentliche Erleichterung für den Handel innerhalb des Königreichs. Noch immer ist diesem System, was seine weltweite Verbreitung angeht, dem metrischen in der praktischen Anwendung weit überlegen. Das Maß unserer Kreditkarten, EC-Karten, der neuen Persos und Führerscheine beträgt 3 3/8 mal 2 1/8 inch. Das wichtigste Vehikel des internationalen Handels, der Container, mißt 40 X 8 Fuß. Der Ölhandel mißt nach wie vor im alten Wein-Maß der Magna Charta nämlich mit der Maßeinheit Barrel = 42 Gallons = 336 pint = 9702 cubic inch.

Mit der Gallon rechnete also schon unser verehrter Erzbischof von Canterbury Kardinal Stephen Langton, der als Hauptverfasser der Magna Charta gilt. Und ganz nebenbei eine der schönsten Sequenzen gedichtet hat, die wir kennen, die Pfingstsequenz.

Von ihm können wir lernen, daß das rechte Maß ebenso wichtig ist wie die Unschuldsvermutung des Strafrechts (die ist in Artikel 39 der Charta geregelt).

Donnerstag, 10. April 2014

Kleiner historisch-militärisch-musikalischer Beitrag zur Ukraine-Krise


Vor allem wegen "Ein Haus voll Glorie schauet" hab ich dieses Musikstück schon mal gepostet. Natürlich mit dem Original text.

Heute noch mal als kleinen Erinnerungsmerkzettel. Die Musiker tragen die Uniformen des Husaren-Regiments "Kaiser Nikolaus der II. von Russland". Kaiser Nikolaus war der letzte Zar des russischen Reiches, den die Kommunisten mit seiner gesamten Familie brutal ermordeten, und der von der orthodoxen Kirche gemeinsam mit seiner aus Hessen-Darmstadt stammenden Frau als Märtyrer und Heiliger verehrt wird.

Das Regiment war Symbol der alten preußisch-russischen Verbindung, die noch auf die Befreiungskriege zurückgeht, und die von den alten Preußen so zäh aber erfolglos verteidigt wurde. Das Zerbrechen dieser Allianz - dritter im Bunde war Österreich, war eine der Ursachen der Katastrophe des Ersten Weltkrieges..

Nein, ich bin kein Wessie. Die "Familie der freien Völker der westlichen Welt" habe ich die meiste Zeit meines Lebens als Bande von Dieben und Mördern angesehen. 

Mittwoch, 9. April 2014

Aufkläricht: über die Verschlimmbesserung der Welt. Die metrische Misere

Leonardo Da Vinci: Der Vitruvianische Mann
Mein Spezialgebiet im Philosophiestudium war die Geschichtsphilosophie. Nichts Ungewöhnliches für einen Jung-Marxianer. "Wir Kommunisten kennen nur eine einzige Wissenschaft: die Wissenschaft der Geschichte". (Karl Marx, Deutsche Ideologie, MEW 3,18). Monatelang studierten wir sozialrevolutionären Schüler in der Juso-Baracke am Ostbahnhof dieses Werk. Die sogenannten Marxschen Frühschriften waren absolut angesagt in den Jahren 1967 ff.

Fatalistischer Optimismus würde ich die Geschichtsauffassung des Histomat heute nennen. Die Welt stürzte nicht mehr auf Armaggedon zu, nein, la classe ouvrière va au paradis. Diese Ideologie, der Glaube also an die naturnotwendige Besserwerdung der menschlichen Gesellschaft, ist tief eingesunken.

Wie tief der Glaube an die himmelhohe Überlegenheit der Neuzeit ist, läßt sich mit kleinen Eyperimenten bestätigen. So ist der Glaube, daß die Vor-Neuzeitler der festen Überzeugung waren, der Erde sei eine Scheibe, praktisch unausrottbar.

Tatsächlich ist dieser für den politisch-theologischen Religionsersatz des Progressismus typische Unfug soweit daneben wie daneben nur sein kann. Die Antike wußte nicht nur um die Kugelgestalt der Erde, man kannte auch Berechnungen der Größe dieser Kugel, und im dritten Jahrhundert vor Christus entwickelte der geniale Wissenschaftler Eratosthenes eine einfache Methode zur Berechnung des Erdumfangs mit erstaunlich präzisem Ergebnis. Von der Antike bis zur Neuzeit gab es keinen Wissenschaftler von Rang - und auch keinen Papst -, der der Überzeugung war, die Erde sei eine Scheibe.

Der Glaube an den Glauben an die tellerförmige Erde kam erst im Jahre 1830 auf, als kirchenfeindliche Schreiber in den Annalen zu wühlen begannen, um aus den Irrtümern christlicher Exoten eine angebliche kirchliche Lehre zusammenzuflicken die es nie gegeben hatte.

Der Glaube an die schlechthinnige Überlegenheit des Neuen, hat uns so manche Misere beschert. Eine ist die, die ich die metrische Misere nennen. An ihr läßt sich anschaulich nachvollziehen, welche Blüten die Vergötzung des "Wandels", je nach Sprache, des "Change", des "Changement", des "Aufbruchs" treibt.

Als die metrische Revolution, die das buchstäblich seit Jahrtausenden überkommene Maßsystem in Inch und Fuß, in Ellen und Digt ablösen sollte, über Festland-Europa kam, verschwand ein fünftausend Jahre altes Maßsystem, das sich nicht nur am menschlichen Maß orientierte, sondern darüber hinaus Zeit und Raum, Erde und Himmel, den Globus und die Himmelsmechanik in ein sinnvolles Verhältnis brachte.

Der Progressismus hatte den Akteuren der metrischen Revolution offenbar den Blick für den inneren Sinn des überkommenen Systems vernebelt. Auf den ersten Blick schien ihnen alte System zwar human, da es sich an Maßeinheiten orientiert, die uns umgeben, doch aufgrund seines mangelnden Reproduzierbarkeit für präzisere Messungen untauglich. Der Samen des Mohns (1/12 Zoll), Die Länge des Gerstenkorns (1/3 Zoll), die Breite eines Fingers (1 Digit), die Breite eines Daumens (1 Zoll), Die Breite einer Hand (1 Palm), die Länge eines Fußes (1 Fuß), die Länge eines Unterarms von Ellbogen bis zu Fingerspitze des Mittelfingers (1 Elle (cubit), die Breite zweier ausgebreiteter Arme (1Klafter, gleichzeitig die Durchschnittsgröße eines erwachsenen Mannes) all dies schien lediglich arbiträr, also für ein an wissenschaftlicher Präzision interessiertes Zeitalter überholt.

Die "Sophisters, economists and calculators"(Burke) die sich an die metrische Revolution machten waren allen Ernstes der Auffassung, daß sich die Maße für Elle, inch und Klafter an den körperlichen Dimensionen des jeweiligen Landesfürsten orientierten. Dabei hätte sie wissen können, daß sich das Maß für das antike "Urmeter", den cubit (Elle), über 5.000 Jahre bis heute nicht oder nur minimal verändert hatte. Das aus alter Zeit stammende angelsächsische Maß der Elle weicht von den altägyptischen Maßen um weniger als 1,4 % ab.

Es mußte also ein Kalibrierung gegeben haben, die heute unbekannt ist. Oder die man auch nicht sehen wollte. Mit ein paar Rechenkünsten  und Kenntnissen der ägyptischen Mythologie und Mathematik  läßt sich diese (mutmaßliche) Kalibrierung finden.

Zunächst: die Angaben über die Größe des Cubit sind nicht ganz eindeutig. Sie schwanken zwischen 0,450 und 0,463 Meter. Aus der Dimension des bekanntesten ägyptischen Gebäudes. der Cheops-Pyramide, läßt sich errechnen, daß die Größe eher bei über 0,460 m lag. Die Pyramide ist heute 230,33 m breit. Sie hat eindeutig durch Beschädigung und Erosion an Breite verloren. Nimmt man für den cubit den häufig angegebenen Wert von 0,463 (der Größe der attischen Elle, als des bedeutendsten Handelspartners der Ägypter), ergibt sich ein Betrag von 497, 473 cubit. Rechnet man einen Verlust durch Zerstörung und Erosion ein, so beträgt die wahrscheinliche Länge, mit der die Bauherren selbst rechneten - sie liebten große, runde Zahlen - bei 500 cubit. Zählt man die Längen aller vier Seiten der Pyramide zusammen, so ergibt sich präzise eine halbe nautische Meile, deren Maß in ägyptischen cubit genau 4.000 cubit beträgt (präzise gesagte, "kleinen" cubit). Zufall? Unwahrscheinlich.

An noch einem weiteren Bauwerk können wir unser Maß kalibrieren, dem Obelisk von Luxor, der heute auf der Place de la Concorde steht. Er ist nach Angaben in entsprechenden Dokumenten 23,165 m hoch, bei einem Cubit von 0,463 m wären das dann nahezu präzise 50 cubit. Der ägyptische Cubit wäre damit genau ein 4.000stel der Seemeile, damit wäre dann der Umfang der Erde 86.400.000 cubit.

Eine Zahl, bei der es bei jedem Navigator klingelt. Es handelt sich nämlich um das Produkt von 24 (Stunden) * 60 (Minuten) * 60 (Sekunden) * 1000. Der cubit wäre damit definiert als die Strecke, die ein Gegenstand auf Äquatorebene binnen einer 1000stel Sekunde zurücklegt.

Wer dann noch immer an Zufall glaubt, dem hilft vieleicht ein Blick in das "Amduat". die "Schrift der verborgenen Kammer". In dieser Schrift ist die Reise des Sonnengotts Re in der (jeder) Nacht beschrieben. Re legt in einer Stunde eine Strecke von 309 iteru zurück, in 12 Stunden somit eine Strecke von 3708 iteru = 74.160.000 meh (großen Ellen) = 86.520.000 cubit. Offenbar ein Ergebnis das der Rundung auf 309 zu verdanken ist, nimmt man die nächst kleinere Zahl ergibt sich 86.240.000.

Die ursprüngliche Definition des Meters - ein 10.000.000ster Teil eines Erdquadranten - ist schon 1799 faktisch aufgegeben worden, nachdem man feststellte, daß die Erde nicht die Form einer Kugel, sondern eher die einer Kartoffel hat. 1898 definierte man daher den Urmeter - ein arbiträres Maß also - zum Meter.

1960 wurde dann festgelegt:
Ein Meter ist das 1 650 763,73-fache der Wellenlänge der von Atomen des Nuklids 86Kr beim Übergang vom Zustand 5d5 zum Zustand 2p10 ausgesandten, sich im Vakuum ausbreitenden Strahlung.
Ganz toll, Jungs. Diese geniale Definition, die jeder Physikstudent, im 23. Semester, der zufällig in einem Großlabor arbeitet, ohne weiteres binnen weniger Wochen nachvollziehen kann, ist ebenfalls schon Geschichte.

Eratosthenes wird vor Lachen von seiner Wolke gefallen sein, als er diese verschwurbelte Definition gelesen hat.

Das Maß, mit dem Da Vinci gearbeitet hat, ist übrigens der cubit. Er ist auf einer Linie am untersten Rand seiner Zeichnung eingetrage. Ein Klafter = 4 cubit = 24 digit. (Und ein cubit natürlich ein 86.400.000stel des Erdumfangs, entsprechend 24 Stunden zu je 60 Minuten zu je 60 Sekunden nicht zu vergessen).