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Freitag, 29. Dezember 2017

Böller für Brot

Die "Girandola"von 1775 gemalt von Jakob Philipp Hackert
Die protestantische, oder besser gesagt, puritanische Kampagne, wonach man bitte sehr für "Brot statt Böller" spenden solle, verleitet mich jedes Jahr dazu, nun erst recht Böller zu kaufen.

Ich halte es lieber mit dem mythischen Erfinder des Neujahrsböllers, dem chinesischen Mönch Li Tan. Li Tan wirkte in der östlichen Provinz Hunan zur Zeit der Tang-Dynastie (618-907 A.D.). Die Provinz plagten regelmäßig Überschwemmungen und nachfolgende Dürren, Mißernten führten zu Hungersnöten. Den Chinesen war, wie jedem vernünftigen Menschen, klar, daß dahinter nur ein böser Geist stecken konnte.

Li Tan, der sich mit der modernen Technik des Feuerwerks auskannte, machte sich daran, diesen Geist mit ohrenbetäubenden Chinaböllern auszutreiben.  Li Tan war sehr erfolgreich, und die Hunan-Chinesen lebten nach Li Tans Feuerwerk glücklich und zufrieden. Sie bauten Li Tan einen Tempel und ehren den pyromantischen Mönch jedes Jahr bis heute mit einem Feiertag am 18. April. Die Heimatstadt Li Tans, Liuyang, gilt heute als die Welt-Hauptstadt des Feuerwerks. Die Region um Liuyang ist die weltweit wichtigste Produktionsstätte für Feuerwerk.

Wer so einen Böller kauft und zündet, sollte sich also darüber im klaren sein, daß er eine apotropäische Handlung vollzieht. Er zündet einen Böller, der nach alter chinesischer Auffassung die Dämonen vertreibt und Glück verbreitet. Die Farbe der Böller ist übrigens immer rot, weil rot in China als Glücksfarbe gilt, es ist Sitte, die roten Papierfetzen mindestens einen Tag liegen zu lassen, denn um so gründlicher verbreitet sich der Segen.

Daß die protestantischen Dauerspielverderber irgendwann auf die Idee kommen würden, den Menschen das Feuerwerk zu vermiesen, war ja schon klar.  aber im Prinzip haben sie nicht die mindeste Chance gegen die religiöse Intuition des Mönches Li Tan, der böllerte, damit die Menschen Reis hatten.

In unserem Herzen wissen wir alle, daß die Welt von bösen und guten Geistern bevölkert ist. Es ist uns auf den Leib geschrieben.  Außerdem können wir es in der Bibel nachlesen. Das Neue Testament berichtet von 12 Dämonenaustreibungen durch Jesus Christus, und von elf Dämonenaustreibungen durch die Apostel. Die Kirche also hat nicht etwa negiert, daß sich auf dieser Erde Dämonen herumtreiben, sie hat vielmehr die Dämonenaustreibung organisiert. Der dritte Weihegrad der niederen Weihen, die bis zum 2. Vaticanum jeder Priester durchlaufen mußte, war der des Exorzisten, es gab ihn seit dem dritten Jahrhundert.

Li Tan tat nichts anderes als die Exorzisten der katholischen Kirche, er vertrieb Dämonen. Wenn wir also einen roten Böller zünden,  erkennen wir an, was die Kirche anerkennt: es gibt Dämonen, und wir müssen etwas gegen sie tun.

Die Päpste der Renaissance hatten im Gegensatz zu den protestantischen und protestantisierenden Christen der heutigen Tage eine gänzlich entspannte Haltung zur Kunst des Feuerwerks. Kein Geringerer als Michelangelo Buonarotti soll das erste Feuerwerk zu Ehren der Apostelfürsten Petrus und Paulus am 29. Juni auf der Engelsburg inszeniert haben. Auch Bernini hat sich als Feuerwerker betätigt.

Die Girandola di Castel Sant´ Angelo wird schon seit dem 15. Jahrhundert inszeniert, das "Feuerrad" (Girandola) brannte zu jedem Apostelfest, aber auch zu Papstkrönungen und zu Ostern, bis zum Jahr 1887, als der nunmehr säkulare Magistrat der Stadt Rom das Feuerwerk unmöglich machte und schließlich verbot.

Es ist nicht ganz ausgeschlossen, daß der antikatholische Furor, der nach 1870, dem Ende des Kirchenstaates, die italienische Politik und die Stadt Rom beherrschte, dazu beigetragen hat, dieses Licht auszulöschen. 1889 errichteten die Freimaurer auf dem römischen Campo die Fiori einem der vermeintlich ihren, dem Ketzer Giordano Bruno, ein Denkmal.

Ich für meinen Teil werde am 31.12. zu Ehren des chinesischen Mönchs Li Tan und in Gedenken an den katholischen Feuerwerker Michelangelo Buonarotti um Punkt 24 Uhr den dicksten roten Chinaböller anzünden, den ich habe.

Samstag, 25. Mai 2013

Sie habens getan: Die kleine Hexe ohne Negerlein (und Türken, Eskimos und Hottentotten).

Schon im Vorfeld gab es Aufregung über die "politisch korrekte" Verschandelung von Otfried Preusslers Kinderbüchern. Nachdem sich zunächst die "taz" und die grüne Böll-Stiftung über den "politisch unkorrekten" Text aufgeregt hatten. Der vor 3 Monaten verstorbene Autor hat sich gewehrt, schließlich aber den Widerstand aufgegeben. Schade. Sehr schade. Denn das Ergebnis zeigt, daß der Widerstand gerechtfertigt, das Ergebnis gar furchterbar ist.

Im Urtext der "Kleinen Hexe" liest sich der (auch schon durch die deutsche Schlechtschreibung verhunzte) Text so:
Wie kamen die beiden Negerlein auf die verschneite Dorfstraße? Und seit wann gab es Türken und Indianer in dieser Gegend? Türken mit roten Mützen und weiten Pluderhosen – und Indianer, die gräulich bemalte Gesichter hatten und lange Speere über den Köpfen schwangen? „Sie werden vom Zirkus sein“, meinte der Rabe Abraxas. Aber die beiden Negerlein waren nicht vom Zirkus und ebenso wenig die Türken und Indianer. Auch die kleinen Chinesinnen und der Menschenfresser, die Eskimofrauen, der Wüstenscheich und der Hottentottenhäuptling stammten nicht aus der Schaubude. Nein, es war Fastnacht im Dorf! Und weil Fastnacht war, hatten die Kinder am Nachmittag schulfrei bekommen und tollten verkleidet über den Dorfplatz. Die kleinen Türken warfen Papierschlangen. Der Hottentottenhäuptling brüllte: „Uaaah! Uaah!” Der Menschenfresser schrie: „Hungärrr! Hungärrr! Wer will sich frrressen lassen?”
Gräulich bemalt? Meint das grau-lich oder greulich? Und so liest sich nun der neue Text:
Wie kamen die beiden Messerwerfer auf die verschneite Dorfstraße? Und seit wann gab es Cowboys und Indianer in dieser Gegend? Messerwerfer mit roten Mützen und weiten Pluderhosen – und Indianer, die gräulich bemalte Gesichter hatten und lange Speere über den Köpfen schwangen? “Sie werden vom Zirkus sein”, meinte der Rabe Abraxas. Aber die beiden Messerwerfer waren nicht vom Zirkus und ebenso wenig die Cowboys und Indianer. Auch die kleinen Chinesinnen und der Menschenfresser, die Indianerinnen, der Wüstenscheich und der Seeräuber stammten nicht aus der Schaubude. Nein, es war Fastnacht im Dorf! Und weil Fastnacht war, hatten die Kinder am Nachmittag schulfrei bekommen und tollten verkleidet über den Dorfplatz. Die kleinen Messerwerfer warfen Papierschlangen. Der Seeräuber brüllte: “Uaaah! Uaah!” Der Menschenfresser schrie: “Hungärrr! Hungärrr! Wer will sich frrressen lassen?”
Schröcklich. Aber man kann daraus lernen. Nämlich, was politische Korrektheit bedeutet. Ist das Wort "Neger" bereits diskriminierend.? Ja und nein. Im Wortsinn ist es das tatsächlich, denn diskriminierend bedeutet ja zunächst übersetzt lediglich "unterscheidend" (von dem lateinischen dis-criminare). Neger (vom lateinisch nigra-schwarz) sind nun einmal schwarz.

Da fand bis vor wenigen Jahren keiner was bei. Schon gar nicht die Neger selbst. In meinem Studentenausweis findet sich noch ein Stempel der "Black Panther", einer militanten Organisation der amerikanischen "Blacks". Martin Luther King hat in seiner berühmten "I have a dream" - Rede das Wort "Negro" noch völlig unbefangen benutzt.  16 mal kommt das N-Wort in dieser Rede vor. Ob der Referent der Böll-Stiftung für Migration und Diversity (Richtig wäre wohl Monoversity) diese Rede jemals gelesen hat? Ob er wohl wagen würde, zu verlangen, daß diese Rede aus den Geschichtsbüchern zu streichen oder zu "verbessern" sei? Was wohl der Referent von Leopold Senghors Rede anläßlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels im Jahr 1968 gehalten hätte? Hätte er empört den Saal verlassen, als Dr. Senghor, das erste schwarze Mitglied der Academie francaise, begann über seine Theorie der "Négritude" zu referieren?

Es ging in dieser lesenswerten Rede um den Stolz der Neger auf ihre eigene Kultur.

Auch King, dem Negro, ging es um Stolz, um die Beendigung des Elends der schwarzen Bevölkerung der USA, um die Aufhebung der Segregation. Nicht um "Anti-Diskriminierung". Das Wort Freedom kommt in dieser Rede 16mal vor, das Wort Equality nur ein einziges Mal, und das ist nicht nur Statistik.

Den Gleichmachern in der Redation des Thienemanns Verlag unterläuft ein bemerkenswerter freudscher Verschreiber. Nach Freud denken nicht wir uns etwas, wenn wir uns versprechen, sondern es denkt ein anderes, unser Unterbewußtsein. Was denkt denn da, wenn von den "Messerwerfern" mit "roten Mützen und Pluderhosen" zu lesen ist? Wenn anstelle der Negerlein und Türken die Messerwerfer treten?

Da denkt der kleine Rassist, der in jedem Egalitaristen lebt und unbedingt herauswill.

Sonntag, 28. Oktober 2012

Soo müde: Warum uns der Staat den Schlaf raubt.


Gott, Schöpfer des Himmels und der Erde hat die Welt, auf der wir leben, wie ein Uhrwerk eingerichtet. Auch wir funktionieren wie die Himmelsuhr, nach der wir uns richten. Steigt die Sonne auf, werden wir munter, der Pegel unserer Hormone schaltet uns auf Aktivität. Steht die Sonne im Zenit, werden wir hungrig, anschließend müde, am Nachmittag werden wir nochmals wacher, wenn auch nicht ganz so wach wie am Vormittag, wer nach Einbruch der Dunkel noch weiterarbeiten will, merkt, daß der Geist schwach, die Muskeln müde werden, wer sich noch um Mitternacht quält, riskiert, vor Müdigkeit umzufallen.

Der Tageslauf der Menschen der Antike und des Mittelalters war genau auf diesen sonnen- und in gewissem Maß auch mondgesteuerten Rhythmus ausgerichtet. Die griechischen und römischen Uhren zählten nicht die gleich langen 24 Stunden, sondern die "temporalen" Stunden des hellen Tages.

Die Mönche, die den Tag in Gebetszeiten einteilten, folgten diesem Modell - und entwickelten sich zu der produktivsten Gemeinschaft des Hohen Mittelalters. Um 12 Uhr endete die Nacht, nach dem Gebet der Laudes. Vor Aufgang der Sonne, in der Morgendämmerung (Aurora) begann das Gebet. Zur ersten Stunde, nach Sonnenaufgang (Ortus) endet das Gebet der Prim, Die Terz gliederte den Vormittag, zur Sext begrüßten die Beter die im Zenit stehende Sonne, der Nachmittag wurde durch die Non unterbrochen, die Vesper endete mit dem Sonnenuntergang (occasum), gegen Ende der Nachtdämmerung (crepusculum) sprachen die Beter die Complet. Ursprünglich übrigens in völliger Dunkelheit und, da auch Noten nicht gelesen werden konnten im tonus directus, also im Sprechgesang.

Benedikt gönnte seinen Mönchen danach sieben Stunden Schlaf, bevor sich seine Benediktiner zum Gebet der Matutin erhoben. Ein äußerst gesunder Tagesablauf, der die produktiven Phasen des menschlichen Biorythmus optimal nutzte. Wer die Benediktsregel kennt, weiß, daß auch die Mahlzeiten optimal auf die "Hungerphasen" des menschlichen Biorhytmus abgestimmt waren.

Die Religion der Großen Industrie, schaffte nicht nur diesen Tagesrhytmus ab, auch die ursprüngliche Zeitzählung geriet in Vergessenheit, die großartigen astronomischen Uhren, die im sonnenarmen Nordeuropa die Gebetszeit zählten, wurden buchstäblich zerschlagen, und durch die uns heute bekannten mechanischen Uhren ersetzt, die den Tag unabhängig vom Sonnenlauf in 24 gleiche Stunden zerhackten. Damit noch nicht genug. Im 20. Jahrhundert wurde auch die Ortszeit abgeschafft, die sich immerhin noch am Sonnenstand zur Mittagszeit richtete, und durch die "Eisenbahnzeit" ersetzt. Die schnellen Bahnen brauchten einen gleichmäßigen Fahrplan, der durch die von Ort zur Ort verschiedene Ortszeit durcheinander geriet. So schuf man die "Zeitzonen", in denen völlig unabhängig von den realen astronomischen Verhältnissen die Uhrzeit nach einem willkürlich verabredeten Plan geregelt wurden.

Mit der "Sommerzeit", die heute endet, ist diese Zeitdiktatur noch einmal auf die Spitze getrieben, kann sich die reale Mittagszeit damit von der mechanischen Uhrzeit doch um fast bis zu zwei Stunden unterscheiden.

Staatliche Willkür und industrialistische Rücksichtslosigkeit steht selbst hinter unserem Zeitsystem. Doch es ist uns nun wiederum so in Fleisch und Blut übergegangen, daß noch nicht einmal den "Vätern" DES KONZILS auffiel, daß sie sich mit der Abschaffung der Prim (SC 89c) sich ebendiesem System unterwarfen. Daß die Prim, die zur ersten Stunde des Tages gebetet wurde, komplementär zur Komplet war, die zur ersten Stunde der Nacht gebetet wird, war keinem der 2.498 Konzilsväter aufgefallen. Vielleicht hätte man den Vätern ihre Armbanduhren abnehmen sollen?

Samstag, 29. September 2012

29.9. Sankt Michael & al.: reduced to the max


Kaum eine festliche Liturgie zeigt anschaulicher, wie weit die Autodekonstruktion der katholischen Liturgie fortgeschritten ist, wie das Restformular des "Erzengelfestes". Man kann anhand dieser Restliturgie gut eine Anleitung zur Zerstörung der Liturgie darstellen. War dies die Agenda der Liturgiedeformer?

1. Entkleide das Fest seiner ursprünglichen Bedeutung.

So geschehen: aus dem Fest des Erzengels Michael wird ein Fest, daß nicht dem, sondern den Erzengeln gewidmet ist.

2. Gib dem Fest einen Titel, der vor allem wenigsagend ist. Am besten geeignet sind Sammelbegriffe.

So geschehen: aus dem Fest, daß nur dem Erzengel Michael, gewidmet ist, wird ein Erzengelfest.

3. Vermeide Mystik. Vermeide Unirdisches.

So geschehen: Das Fest des Erzengels Gabriel (24. März) und das Fest des Erzengels Raphael (24. Oktober) entfällt. Damit ist das Erzengelfest leider auch ein Anti-Gabriel und ein Anti-Raphael-Fest.

4. Säubere Gesangbücher etc. von Erinnerungsresten an die entschwundenen Feste.

So geschehen: Das Raphaelslied, das auf den großen Dichter Friedrich Spee zurückgeht, ist aus den Gesangbüchern verschwunden. Das lateinische Michaelslied, daß gerade in Deutschland einmal als das erste "Lied der Deutschen" galt, ist nirgendwo mehr zu finden. Von der deutschen Version des Michaelsliedes blieb ein gotteslöblicher Torso, der die ursprünglich höchste irdisch militante Sprache gleichsam theopazifistisch entkörperlicht.

Montag, 20. August 2012

LCWR and the dead Master of Knuddelkitsch


Heute erreicht uns die Nachricht von Tod Scott Mc-Kenzies. Der Sänger DER Superüberhippiehymne des Jahres 1967. Erinnere mich noch gut daran, daß das Lied wirklich auf allen Kanälen Tag und Nacht abgenudelt wurde. Und, nun ja, ich trug lange Walle-Walle-Haare - schon deshalb, weil sich mein Vater tierisch darüber aufgeregt hat - Hosen mit Schlag und Hemdchen mit Kandahar-Stickerei. Das endete dann, als ich von einer lüstern feixenden Kommilitonin höheren Semesters mit den Worten abgemeiert wurde, ich sähe aus wie ein römischer Lustknabe.

Hab dann bei der Lederjackenfraktion angeheuert.

War ja nur sone Phase. aber Heute noch mal zum Fremdschämen der Text:

If you're going to San Francisco 
Be sure to wear some flowers in your hair 
If you're going to San Francisco 
You're gonna meet some gentle people there 

 For those who come to San Francisco 
Summertime will be a love-in there 
In the streets of San Francisco 
Gentle people with flowers in their hair 

 All across the nation such a strange vibration 
People in motion 
There's a whole generation with a new explanation 
People in motion people in motion usw.

Urrgh. Wenn ich das heute so lesen, wird mir ja irgendwie ganz komisch. Sowas zwischen Schüttelfrost, Magengrimmen und Zuckungen im Arsch.

Aber der Stil des Master of Knuddelkitsch war ein Wahnsinnserfolg. Vor allem bei denen, die damals achsogerne Hippies geworden wären, aber sich nicht aus ihren katholischen Klamotten rausgetraut haben. Und übergangsweise Nonnen geworden sind. 

Aber wenn man sich das diesjährige Treffen der LCWR als spätes Hippie-Coming-Out vorstellt, scheint der folgende Text, der auf o.g. Meeting mit zittrigem RentnerInnensopran gesungen wird, völlig folgerichtig und  geradezu harmonisch-authentisch:

Berekah - The Blessing

From the Source of everything
From the Ground of Being
receive strengths and light, receive peace, receive love.
From our hearts to your hearts, from our souls to your souls
receive strengths and light, receive peace, receive love.

May the force be with you. Schick Euch bei Gelegenheit mal n´paar positive Schwingungen rüber, Ladies.

Freitag, 17. August 2012

Das Urteil gegen Pussy Riot: Europäische Werte verletzt? Welche, bitte?

Die sympathischen jungen Anarcho-Feministinnen, die in der bedeutendsten Kathedrale der russischen Orthodoxie eine angeblich nur "Putin-kritische" Punkshow abgezogen haben, sind zu zwei Jahren Knast verurteilt wurden.

Mutti hält das für einen Verstoß gegen "europäische Werte". Nun bin ich als älterer Bewohner unserer bunten Republik ja schon daran gewöhnt, daß deutsche Beamte wie deutsche Politiker nicht mit dem "Grundgesetz unter dem Arm herumlaufen" (Höcherl). Auch die Kenntnis einfacherer Rechtsnormen ist in Politikerkreisen nicht gerade weit verbreitet.

Aber wogegen verstößt eine Aktion im Altarraum einer christlichen Kirche, bei der das Christentum in Wort und Tat verhöhnt wird? Den Text des Songs kann man hier lesen. Die Aktion kann man sich hier ansehen.

Den passenden Paragraphen des deutschen StGB kann man hier nachlesen.
Wer 
1. den Gottesdienst oder eine gottesdienstliche Handlung einer im Inland bestehenden Kirche oder anderen Religionsgesellschaft absichtlich und in grober Weise stört oder 
2. an einem Ort, der dem Gottesdienst einer solchen Religionsgesellschaft gewidmet ist, beschimpfenden Unfug verübt, 
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Daß die Mädels "beschimpfenden Unfug" an einem Ort verübt haben, der dem Gottesdienst einer Kirche gewidmet ist, kann eigentlich auch der verbiestertsteAtheist nicht übersehen. Auch in Deutschland, wie auch in jedem anderen europäischen Land, wären die Mädels verknackt worden. Bei einer Strafandrohung von maximal 7 Jahren ist das Urteil von zwei Jahren sogar eher moderat. Knast hätte es mit einiger Sicherheit auch in Deutschland für eine solche Aktion gegeben, wohl auch in jedem anderen europäischen Staat, der die "europäische Werteordnung" wirklich hochhält. Denn zu dieser Werteordnung gehört, siehe Immanuel Kant et. al., das Recht auf freie und ungestörte Religionsausübung.

Die Zuckerpuppe, die im Gerichtssaal mit einem "No pasaran"-T-Shirt garniert mit einer geballten linken Faust aufgeschlagen ist, hätte sich eigentlich von Rechts wegen einen Sonderpreis verdient.

Für Nicht-68er: Die geballte linke Faust gilt als Symbol der Anarchokommunisten. "No pasaran" war die Kampfparole der spanischen Linken. Dem roten Terror derselben spanischen Linken fielen nach einer sorgfältig erarbeiteten Untersuchung aus dem Jahr 1998 6832 Angehörige des spanischen Klerus zum Opfer, rund 20 % aller spanischen Kleriker, darunter 283 Nonnen, 13 Bischöfe, 4172 Diözesanpriester und 2364 Mönche. Die Zahl niedergebrannter Kirchen hab ich gerade nicht zur Hand.

Nun ja, Mutti, die ja, wie man hört, inzwischen über ein iPad verfügt, kann man vielleicht zugute halten, daß es in der deutschen Wikipedia keine Informationen über christliche Märtyrer zu finden gibt. Auch nicht über den Roten Terror des spanischen Bürgerkriegs. Auch zum Thema Anti-Katholizismus hat die deutsche Wikipedia übrigens nichts zu bieten, ganz im Gegensatz zur englischen.

Der unsägliche Politkitsch, den deutsche Politiker zu dieser im Kern völlig banalen Affäre absondern, geht auf inzwischen auf keine Kuhhaut mehr. Den Knüller liefert natürlich eine grüne Politikerin.
Staatsanwältin tupft sich den Schweiß aus dem Dekolleté. Im Gericht stehen sich das schöne, moderne und das muffige alte SU Russland gegenüber.
twittert Marie-Luise Beck. Marie-Luise Beck galt ja noch nie als intellektuelle Größe. Aber für diese Mischung aus schwül-sexuellen Andeutungen, kitschiger Heroisierung von drei schlichten Politkleinkriminellen, und völlig verrutschten Analogien (Nadeschda Tolokonnikowa bezieht sich offensiv auf die spanischen Bündnispartner der stalinistischen SU) gebührt Marie-Luise Beck die Palme.

Muttis Kommentar ist nicht ganz so schwül, läßt aber dafür tiefer blicken:
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Verurteilung der drei Sängerinnen kritisiert. Das "unverhältnismäßig harte Urteil" stehe "nicht im Einklang mit den europäischen Werten von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie", erklärte Merkel am Freitag. Zu diesen Werten habe sich Russland unter anderem als Mitglied des Europarats bekannt. "Eine lebendige Zivilgesellschaft und politisch aktive Bürger sind eine notwendige Voraussetzung und keine Bedrohung für Russlands Modernisierung", fügte Merkel hinzu.
Da kann man als Christ ja zunächst nur hoffen, daß sich diese Sorte "politische aktiver BürgerInnen" nicht noch vermehrt. An den Umgang der politischen Linken mit der Kirche in der DDR sollte sich die Pfarrerstochter Merkel eigentlich noch erinnern können. Aber auch unter den DDR-Evangelen gab es ja Oppositionelle und "Oppositionelle".

Sonntag, 8. Juli 2012

Timbuktu: Was ist Nazismus? Was Faschismus? Gibt es einen Islamo-Faschismus?

Timbuktu, im Vordergrund die Sidi-Yahia-Moschee

Was ist "Faschismus"?

Bei den Diskussionen über den so genannten Islamo-Faschismus stört mich schon immer der unsaubere Gebrauch des Wortes Faschismus. Der italienische Faschismus, der deutsche Nazismus und der spanische Franquismus standen zwar in den 20er und 30er Jahren in einem politischen Bündnis, waren aber vor allem im Hinblick auf Judenhaß und Judenvernichtung durchaus unterscheidbare politische Bewegungen. Was sie einte, war die Gegnerschaft gegen Sozialismus und Kommunismus, und folgerichtig definierten die Kommunisten ihre Gegner unter einem Sammelbegriff, dem Begriff des Faschismus. Eine Definition, die tief blicken läßt, denn die Fasces, die Liktorenbündel waren keineswegs ausschließlich ein Symbol des italienischen Faschismus, sondern galten seit dem 18 Jahrhundert als Symbol des demokratischen Republikanismus.

Waren republikanische Demokraten deshalb Faschisten? Dimitroff, der "Faschismustheoretiker" der Komintern, hat diesen Eindruck möglicherweise erwecken wollten, aber in jedem Fall kam es ihm darauf an, Spuren zu verwischen. Allzu ähnlich war der stalinistische Terror gegen die Kulaken und bürgerlichen Eliten Russlands dem nazistischen gegen die jüdische Elite, allzuähnlich das durchaus sozialreformerische Programm der nationalen Sozialisten der Arbeiterpartei Hitlers den sozialistischen Programmen. Daß Dimitroff Nazismus und (italienischen) Faschismus unterschiedslos unter einem Begriff vereinte, war absichtsvoll.
Der Faschismus an der Macht, Genossen, ist, wie ihn das 13. Plenum des EKKI richtig charakterisiert hat, die offene, terroristische Diktatur der reaktionärsten, chauvinistischsten, am meisten imperialistischen Elemente des Finanzkapitals. Die reaktionärste Spielart des Faschismus ist der Faschismus deutschen Schlages. Er hat die Dreistigkeit, sich Nationalsozialismus zu nennen, obwohl er nichts mit Sozialismus gemein hat. 
So dreist war die Nazis keineswegs. Daß vielmehr Kommunismus und Nazismus mehr verbindet, als beide Bewegungen wahr haben wollen, ist auch schon den vorgeblichen Vordenkern der 68er aufgefallen:
Der Antisemitismus als Volksbewegung war stets, was seine Anstifter den Sozialdemokraten vorzuwerfen liebten: Gleichmacherei. Denen, die keine Befehlsgewalt haben, soll es ebenso schlecht gehen wie dem Volk. Vom deutschen Beamten bis zu den Negern in Harlem haben die gierigen Nachläufer im Grunde immer gewußt, sie würden am Ende selber nichts davon haben als die Freude, daß die andern auch nicht mehr haben...
Antisemitismus als politische Volksbewegung war ausschließlich der deutsche Nazismus. Den unter "Faschismus" zu subsumieren und ihm das sozialistische abzusprechen war - Götz Aly hat das zum Thema gemacht - absichtsvoll falsch.

Weiter nach Timbuktu und zum salafiistischen Bildersturm gegen die Grabmäler nordafrikanischer Marabouts. Judenhaß zeichnet noch jede islamistische Terrorgruppe aus. Im Haß auf die Juden drückte sich in aber in der Geschichte noch häufig auch und zugleich der Haß auf jegliche Elite aus, der Haß auf alle, die es besser haben, auf alle, die sich aus der Masse herausheben. Der salafistische Haß auf die nordafrikanischen Marabouts, die von ihren Verehrern aufgrund ihres vorbildlichen Lebenswandels und ihrer herausragenden Frömmigkeit verehrt und geliebt werden, und die sich in der Zerstörung ihrer Grabmäler ausdrückt, hat zunächst puritanische dann aber auch egalitarianische  Züge.

Gehören Cromwell, Robespierre, Hitler, Stalin nicht zu den geistigen Vorvätern dieser Grabschänder?Ist es ganz verwegen, zwischen (republikanischen) calvinistischen  Puritanern, jakobinischen Mördern, nazistischen Judenhassern, kommunistischen Klassenkämpfern und salafistischen Bilderstürmern Ähnlichkeiten zu konstatieren? Ich glaube nicht. Ich bin mir sicher, daß es nicht nur "rotlackierte Nazis" (Kurt Schumacher), sondern auch grün angepinselte gibt. Islamofaschisten würde ich sie allerdings nicht nennen.