Samstag, 25. Mai 2013

Sie habens getan: Die kleine Hexe ohne Negerlein (und Türken, Eskimos und Hottentotten).

Schon im Vorfeld gab es Aufregung über die "politisch korrekte" Verschandelung von Otfried Preusslers Kinderbüchern. Nachdem sich zunächst die "taz" und die grüne Böll-Stiftung über den "politisch unkorrekten" Text aufgeregt hatten. Der vor 3 Monaten verstorbene Autor hat sich gewehrt, schließlich aber den Widerstand aufgegeben. Schade. Sehr schade. Denn das Ergebnis zeigt, daß der Widerstand gerechtfertigt, das Ergebnis gar furchterbar ist.

Im Urtext der "Kleinen Hexe" liest sich der (auch schon durch die deutsche Schlechtschreibung verhunzte) Text so:
Wie kamen die beiden Negerlein auf die verschneite Dorfstraße? Und seit wann gab es Türken und Indianer in dieser Gegend? Türken mit roten Mützen und weiten Pluderhosen – und Indianer, die gräulich bemalte Gesichter hatten und lange Speere über den Köpfen schwangen? „Sie werden vom Zirkus sein“, meinte der Rabe Abraxas. Aber die beiden Negerlein waren nicht vom Zirkus und ebenso wenig die Türken und Indianer. Auch die kleinen Chinesinnen und der Menschenfresser, die Eskimofrauen, der Wüstenscheich und der Hottentottenhäuptling stammten nicht aus der Schaubude. Nein, es war Fastnacht im Dorf! Und weil Fastnacht war, hatten die Kinder am Nachmittag schulfrei bekommen und tollten verkleidet über den Dorfplatz. Die kleinen Türken warfen Papierschlangen. Der Hottentottenhäuptling brüllte: „Uaaah! Uaah!” Der Menschenfresser schrie: „Hungärrr! Hungärrr! Wer will sich frrressen lassen?”
Gräulich bemalt? Meint das grau-lich oder greulich? Und so liest sich nun der neue Text:
Wie kamen die beiden Messerwerfer auf die verschneite Dorfstraße? Und seit wann gab es Cowboys und Indianer in dieser Gegend? Messerwerfer mit roten Mützen und weiten Pluderhosen – und Indianer, die gräulich bemalte Gesichter hatten und lange Speere über den Köpfen schwangen? “Sie werden vom Zirkus sein”, meinte der Rabe Abraxas. Aber die beiden Messerwerfer waren nicht vom Zirkus und ebenso wenig die Cowboys und Indianer. Auch die kleinen Chinesinnen und der Menschenfresser, die Indianerinnen, der Wüstenscheich und der Seeräuber stammten nicht aus der Schaubude. Nein, es war Fastnacht im Dorf! Und weil Fastnacht war, hatten die Kinder am Nachmittag schulfrei bekommen und tollten verkleidet über den Dorfplatz. Die kleinen Messerwerfer warfen Papierschlangen. Der Seeräuber brüllte: “Uaaah! Uaah!” Der Menschenfresser schrie: “Hungärrr! Hungärrr! Wer will sich frrressen lassen?”
Schröcklich. Aber man kann daraus lernen. Nämlich, was politische Korrektheit bedeutet. Ist das Wort "Neger" bereits diskriminierend.? Ja und nein. Im Wortsinn ist es das tatsächlich, denn diskriminierend bedeutet ja zunächst übersetzt lediglich "unterscheidend" (von dem lateinischen dis-criminare). Neger (vom lateinisch nigra-schwarz) sind nun einmal schwarz.

Da fand bis vor wenigen Jahren keiner was bei. Schon gar nicht die Neger selbst. In meinem Studentenausweis findet sich noch ein Stempel der "Black Panther", einer militanten Organisation der amerikanischen "Blacks". Martin Luther King hat in seiner berühmten "I have a dream" - Rede das Wort "Negro" noch völlig unbefangen benutzt.  16 mal kommt das N-Wort in dieser Rede vor. Ob der Referent der Böll-Stiftung für Migration und Diversity (Richtig wäre wohl Monoversity) diese Rede jemals gelesen hat? Ob er wohl wagen würde, zu verlangen, daß diese Rede aus den Geschichtsbüchern zu streichen oder zu "verbessern" sei? Was wohl der Referent von Leopold Senghors Rede anläßlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels im Jahr 1968 gehalten hätte? Hätte er empört den Saal verlassen, als Dr. Senghor, das erste schwarze Mitglied der Academie francaise, begann über seine Theorie der "Négritude" zu referieren?

Es ging in dieser lesenswerten Rede um den Stolz der Neger auf ihre eigene Kultur.

Auch King, dem Negro, ging es um Stolz, um die Beendigung des Elends der schwarzen Bevölkerung der USA, um die Aufhebung der Segregation. Nicht um "Anti-Diskriminierung". Das Wort Freedom kommt in dieser Rede 16mal vor, das Wort Equality nur ein einziges Mal, und das ist nicht nur Statistik.

Den Gleichmachern in der Redation des Thienemanns Verlag unterläuft ein bemerkenswerter freudscher Verschreiber. Nach Freud denken nicht wir uns etwas, wenn wir uns versprechen, sondern es denkt ein anderes, unser Unterbewußtsein. Was denkt denn da, wenn von den "Messerwerfern" mit "roten Mützen und Pluderhosen" zu lesen ist? Wenn anstelle der Negerlein und Türken die Messerwerfer treten?

Da denkt der kleine Rassist, der in jedem Egalitaristen lebt und unbedingt herauswill.

6 Kommentare:

  1. Sind denn nun alle Neger Messerstecher?

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  2. Folgt man dem Verlag: Messerwerfer.

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  3. Das typische Gruppenbenennungshopping der Politischen Korrektur-Instanz.

    Penner, Berber, Obdachlose, OFW-ler etc etc.

    Kommt eine benannte Gruppe in Mißkredit durch einen Umstand wie zB in meinem Beispiel öffentliche Trunkenheit, Geruchs- und sonstige Belästigung o.ä. dann gibt es Menschen, die der Gruppe einen neuen "unbelasteten" Namen geben wollen und allen anderen einreden, daß es diskriminierend und politisch unkorrekt sei, den etablierten Begriff zu benutzen. Sobald aber die Allgemeinheit den neuen Begriff verinnerlicht hat, und die Erinnerung an die Unannehmlichkeit mit dem neuen Begriff verbindet, dann haben die Soziologen und Sozialpädagogen wiederum die Möglichkeit einen neuen Begriff aus der Taufe zu heben, Bücher zu veröffentlichen, warum es unkorrekt ist den neuen alten Begriff zu verwenden etc.

    Ist dieses Sprachphänomen nicht auch eine Form von Elitismus?

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  4. Der Menschenfresser ist bestimmt auch nicht PC…

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  5. Der ist wahrscheinlich nur aus Versehen drin geblieben.

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  6. Chineseinnen werden auch bald politisch inkorrekt sein, bin ich mir sicher. Es "stoert" doch eh schon jeden wenn "made in China" draufsteht und dann noch kombiniert mit der Einkindpolitik und der Vernichtung der weiblichen Ungeborenen...

    Aus den Hottentotten Seeraeuber zu machen ist auch ein Ding.

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