Adam L. der in in cold blood erst seiner Mutter das Gesicht wegschoss, ihre Waffen an sich nahm und dann in der Schule, in der seine Mutter arbeitete, 20 kleine Kinder und 7 Erwachsene ermordete, wird als guter, ja genialer Schüler beschrieben. Die Schule, in der er sein Massaker anrichtete, befindet sich in einem Ort, den Charles Murray wohl als Teil des Upper-class-bubble beschreiben würde, ein Ort, in dem Frieden und Wohlstand herrscht, fern von den Ghettos, in denen Raub, Mord, Rauschgifthandel, Prostitution, Armut und zerrüttete Familien zum Alltag gehören. Das Massaker ereignete sich, um bei Murrays Fiktion zu bleiben, in Belmont, nicht in Fishtown.
Seine Lehrer wollen an ihm autistische Züge bemerkt haben, eine eigentümliche Unempfindlichkeit gegen Schmerzen und einen bemerkenswerten Mangel an Empathie. In den nächsten Wochen werden sich wohl Heerscharen an Psychologen, Kriminologen und Soziologen über den Fall hermachen, und sie werden - ganz sicher - eine Erklärung finden.
Die deutsche Journaille hat diese Erklärung längst. Es ist die überzogene angelsächsische Liberalität, das viel zu großzügige amerikanische Waffenrecht. Hätte man sich - so die ökopazifistische conclusio - doch an der deutschen Musterrepublik orientier, so hätte sich dieser Amoklauf nicht ereignet. Ein kaum rationales Argument, denkt man daran, daß sich auch im gewaltfreien Ökodeutschland Schulmassaker ereignen und ereignen werden. Ist das Massaker von Winnenden und der Amoklauf von Erfurt schon vergessen?
Wenn ich solche Nachrichten höre, sehe ich - ich kann nicht anders - ein Grinsen, das hinter dem TV in der Luft hängt. Der Herr dieser Welt lächelt nicht, er grinst. Am meisten freut in die Dummheit. Keinem der Kommentatoren ist bewußt, daß wieder einmal die anti-amerikanische, eigentlich anti-angelsächsische Synapse einrastet, die sich geistesgeschichtlich Ende des 19. jahrhunderts entwickelt, sich zunächst gegen den unmittelbaren Nachbarn richtet, den liberalen britischen "Geschäftemacher", und heute im Syndrom des Antiamerikanismus weiterlebt.
War doch klar, daß das bei den schießwütigen amerikanischen Cowboys passieren mußte.
Auch in den USA hat sich, dezent angeregt durch den amerikanischen Präsidenten, die Anti-Waffen-Lobby gerührt und hält die ersten Mahnwachen vor dem Weißen Haus. Auch die haben die Erklärung schon parat, so irrational sie auch sein mag. Wäre - gegengefragt - das Verbrechen geschehen, wären wenigstens der Hausmeister oder der Direktor der Schule im Besitz einer Waffe gewesen?
Viele Mörder habe ich vor Gericht noch nicht vertreten. Mordsachen sind nicht so mein Ding. Aber auch am nächsten Montag stehe ich wieder als Verteidiger vor dem Schwurgericht. Mal war das ein Schizophrener, der glaubte, die Welt vor der Machtübernahme durch die Illuminaten zu retten, und die irre Idee hatte, ein Mann in einer grünen Jacke, der über den Marktplatz lief, sei einer ihrer Agenten. Illuminaten tragen immer grüne Jackets, nur mal so als Warnung für die Leser dieses Blogs.
Mal war das ein Geschäftsmann, der von seinem Geschäftspartner über Jahre betrogen und ausgebeutet worden war, und der sich in seinem Haß so weit hineingesteigert hatte, daß er seinen ehemaligen Geschäftspartner erschlug, dessen Ehefrau zu Hause überfiel und erwürgte, und wohl auch noch die Tochter der Familie umgebracht hätte, wäre die nicht entwischt. Die Kammer hat ein psychiatrisches Gutachten eingeholt, das erwies, daß der Mörder völlig normal war.
Einen wirklichen Grund für diese Morde, die in sich für die Mörder völlig irrational waren, gab es nicht. Aber es gehört offenbar zur geistigen Marotte der Moderne, daß wir stets nach der Ursache des Bösen suchen müssen.
Eine ganze Generation - die, der ich angehöre - hat ihre Zeit und ihre Kraft für eine Lehre verschwendet, die da behauptete, daß Kapitalismus zum Faschismus führt. Nachdem eine linksradikale Terrorgruppe ein Flugzeug entführt hatte, die im Flugzeug sitzenden Juden selektierte, und unter anderem eine alte Jüdin, die Auschwitz überlebt hatte, ihren Mördern auslieferte, hat sich diese Theorie verloren. Ganze Wissenschaftlergenerationen haben ihr Leben verschwendet und ihre Reputation verloren, indem sie versucht haben, die Ursachen für das Böse, insbesondere das Nazi-Böse zu finden.
Für das Böse gibt es keine Erklärung. Es gibt keinen Sinn im Bösen, den wir finden könnten. Das Böse hat seine Ursache in sich. Es ist. Und es begleitet uns, die wir im Tal der Tränen leben. Wir können es nicht vermeiden, ihm zu begegnen.
Das Wissen darum ist verloren gegangen, also suchen wir nach "Erklärungen", die wir nicht finden. Selbst aus den deutschen katholischen Liederbüchern ist nun das bloße Wort Jammertal verschwunden, wo doch gerade in den alten Liedern zum Advent dieses Thema einmal so wichtig war.
Was uns bleibt, ist, für die Opfer zu beten und auch für die Täter. Und zu hoffen, daß der Richter uns am Ende der Tage die "Tränen aus den Augen wischt" (Offenbarung 21,4)
Das Abendgebet der Kirche spricht davon, daß uns der Böse umringt, und daß wir nüchtern und wachsam sein sollen.
Sobrii estote et vigilate, quia adversarius vester diabolus tamquam leo rugiet, quaerens quem devoret. Cui resistite fortes in fide.
Hmmm, ich würde es etwas anders sehen. Das Böse "ist" ... gefällt mir nicht. Das Böse als privatio boni, als Defizit, "ist" eben nicht in sich eine (gegative) Wertigkeit, sondern bestenfalls etwas zu Bewertendes, dessen "Sinn" und Grund zudem erfragt und auch geklärt werden kann - allerdings wird die Klärung einen Ansatz zu Tage fördern, welcher im heutigen Diskurs eher belächelt wird.
AntwortenLöschenIm weiteren Text erschließt sich, daß nicht das Böse gemeint ist, sondern seine Personifizierung. Aber man will ja den Leser nicht gleich im Titel zu Tode erschrecken.
AntwortenLöschen"Illuminaten tragen immer grüne Jackets, nur mal so als Warnung für die Leser dieses Blogs."
AntwortenLöschenDanke für den Tip. Ich halt die Augen offen.
Welche Farbe hatte noch die Jacke dieser alten Frau um deren Gesundheit letztens ein Moderator Angst hatte?
Ob wohl ein Zusammenhang zwischen Hyperventilation und Minzgrün besteht?
AntwortenLöschenDas ist nicht lustig. Es ging um einen Mord, dessen Opfer ein völlig unschuldiger Mann war, der nur zur falschen Zeit am falschen Ort war, und dessen Jacket die falsche Farbe hatte.
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