Dienstag, 20. Februar 2018

Mein persönlicher Aschermittwoch

Pierrot

Ich bin kein gebürtiger Fastnachter. Ich bin lutherisch getauft und in der Vorstellung des entlaufenen Augustinermönchs Luther ist das Leben ja gewissermaßen ein einziger Bußgang. Daß das geheime Motto der Calvinisten lautet: "Du darfst alles, solange es keinen Spaß macht" (Watzlawik) setze ich als bekannt voraus.

Nun hat mich ein gnädiges Geschick im Alter von zwei Jahren in das Rheinland geführt, und Rheinland ist Fastnachtsland, ob nun mehrheitlich protestantisch, wie mein damaliger Wohnort, die alte Kaiserstadt Worms, oder mehrheitlich katholisch wie die kurfürstliche Residenz Mainz.

Es war immer ein bißchen schwierig, meiner kulturprotestantischen Mutti zu verdeutlichen, daß ich eine Knallplättchenpistole und ein Cowboykostüm benötige, um meiner gesellschaftlichen Ausgrenzung zu entgehen, aber ich war erfolgreich, auch wenn ich gegen die kulturkatholischen Kinder im Kostümwettbewerb nicht den Hauch einer Chance hatte.

Rosenmontag und Fastnachtsdienstag war jedenfalls frei, auch wenn ich nach einer Umsiedlung in eine wiederum kulturprotestantische Stadt Fastnacht vorwiegend als Fernsehfastnacht feierte. Der organisierte Frohsinn, weder der protzige der Kölner, noch der prollige der Düsseldorfer noch der volkstümliche der Mainzer hat mich nie so richtig überzeugt. Aber ich ließ mich von der Fröhlichkeit dieses urkatholischen Festes anstecken. Fastnacht war Heimat, auch wenn ich eigentlich immer nur Gast war und bis heute Gast geblieben bin.

Trotz aller deutschen Vereinsmeierei war für mich noch bis vor wenigen Jahren Fastnacht ein urkatholisches, plebejisches Fest.

Das ist vorbei.

Fastnacht wurde okkupiert. Okkupiert von der selben satten, selbstzufriedenen unendlich selbstgerechten Klasse, die die Medien beherrscht, Zeitungen, Zeitschriften, das kommerzielle internet, den Staats- und Kommerzfunk. Da sitzen sie nun und beobachten mißgelaunt den Aufstand der Plebejer.

Der Adel, ob Kurfürst oder Großherzog hat den alljährlichen plebejischen Aufstand noch anders gemanagt, nämlich durch die Selbst-plebejisierung. Der Kurfürst von Mainz zog an Fastnacht das Los und diente bis Aschermittwoch meist als Mundschenk, Saaldiener oder auch mal als Schreiner.

Der Neue Adel beschimpft die Plebejer, die den Aufstand wagen und wirft sie aus dem Saal. AfD wählen? Falsche Partei. 2017 haben die humorfreien Meenzer den Fraktionsvorsitzenden der rheinland-pfälzischen AfD, einen Oberstleutnant, von den Saaldienern aus dem Saal werfen lassen. 2018 haben sie die AfD erst gar nicht eingeladen. Dafür wird auf der Bühne um so heftiger gegen die "Partei der kleinen Leute" gewettert, Reichow, jedes Jahr der absolute Tiefpunkt der Meenzer als Humorkanonade getarnten Hate-Session schlägt vor, die Diäten der AfD-Abgeordneten in Reichsmark von 1923 auszuzahlen. Ein anderer Humor-Athlet unterstellt der First Lady der USA sie stamme aus dem Rotlicht-Milieu. Auf der Straße AfD-Bashing, Trump-Bashing, Putin-Bashing, Kaczynski-Bashing, Orban-Bashing, auf jedem Rosenmontagszug dieselben Sujets, als hätte der Beauftragte des Zentralkomitees für Agitation und Propaganda die diesjährigen Mottowagen vorzensiert.

Einer unterschreitet wieder einmal die Grenzen des guten Geschmacks um mehrere Klafter Tilly, der Düsseldorfer Wagenbauer läßt den nackten Trump durch einen russischen Bären vergewaltigen.

Aber der Besuch des Düsseldorfer Rosenmontagszugs ist eh für Familien mit Kindern, oder empfindsame Katholiken nicht empfehlenswert. Tilly hat schon mal Kardinal Meisner als Hexenverfolger oder Papst Benedikt als Anti-Semiten "karikiert". Ansonsten ist der in der "Giordano-Bruno-Stiftung" organisierte militante Atheist Tilly mit weitem Abstand der Meister der Zote.

Der Kölner Guido Canz findet es toll lustig, Donald Trump mit Benzin zu übergießen und bei lebendigem Leib zu verbrennen. Diakon Pauels, Faschingsredner, predigt witzgewaltig von der Kanzel einer katholischen Kirche herab gegen den Zölibat, während halbnackte Hüpfdohlen im Altarraum ein Tänzchen aufführen-

Und die Zeit läßt eine hochgelahrte Professorin gegen Indianerkostüme wettern und den gutgemeinten Vorschlag unterbreiten, daß sich die Deutschen doch mal als Kartoffel verkleiden könnten.

Am Dienstag erhole ich mich beim Karnevalsumzug in der nächstgelegenen urkatholischen Kleinstadt. Irgendwie habe ich den Eindruck, daß die Bürger alle "Zeit" gelesen haben und sich um so engagierter als Mohren, gerne auch mit Menschenfresserkostüm, Indianer, Chinesen, Indonesier., Hexen und andere Angehörige diskriminierter Minderheiten, wie Einhörner, Prinzen, Prinzessinnen und Gardeoffiziere verkleiden.

Nur der Domino ist etwas außer Mode geraten.

Karneval lebt. Jedenfalls außerhalb der Wohnzonen der Bionade-Beourgeoisie.

Nächste Fastnacht bleibt die Glotze kalt.

2 Kommentare:

  1. Fastnacht lebt halt davon, dass die Untertanen der Obrigkeit „die Leviten lesen“ können. Bei den Meenzern schon seit dem Abservieren von „Prinz Bibi“ Herbert Bonewitz fraglich, im Merkel-Reich sind sie vollends zum ideologischen Fronttheater verkommen. Gruselig, TV-Dokumentationen über Fastnacht in der DDR oder dem „Tausendjährigen Reich“ anzuschauen. Beängstigende Parallelen bezüglich der obrigkeitshörigen Obernarren, die aber immer ganz genau wissen, wohin sie den Kopf hinstecken müssen...

    Seitdem die Mainzer Sitzung 2017 streckenweise wie eine Goebbels'sche Wochenschau geriet, habe ich mir die diesjährige Sitzung nicht angetan. Ich bin weder Fan der AfD, noch von Putin oder Trump, aber um eine derartige Haßpropaganda gegen innländische Dissidenten und ausländische Staatsoberhäupter zu finden, muß man in Deutschland objektiv bis in die 40er Jahre zurück.

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