Mittwoch, 22. August 2012

Morbus Euro: Mein Gott Walser!

Thaler des 17 Jahrhundert mit "Wildem Mann"
Zum Thema Euro hört man so manches. Kluges, Dummes, ganz Dummes. Manchmal aber äußern sich bis dato als klug, manchmal alterweise geltende Herren gesetzteren Alters an deren Verstand zu zweifeln bis dato kein Zweifel bestand. Nun also hat es auch den Martin Walser erwischt:
Meine Zustimmung hat nur der, der die europäische Union auch als Währungseinheit will. Es gibt den Euro. Er ist mehr als eine Währung. Er ist ein Medium der Kommunikation beziehungsweise eine Sprache, die in Europa jeder versteht. Dass sich heute ein europäisches Land vom Euro trennen muss, zurückstürzen soll ins Devisenzeitalter, ein Spielball jeder Spekulation, ist ein Horrorszenario. Das muss nicht gedacht werden. 
No Sir. Europa hat einst Drachme und Lepta gesprochen, wahlweise Dinar und As. Später dann Shilling und Penny, auch Dukaten, Taler und Groschen. Oder Crown, Florin, Penny und Farthing, Rijksdaalder, Daalder, Guilder, Stuiber und Duit, notabene Reichstaler, Preußisch Courant, Stüber und Deut. Dann Livre und Sous, Gulden oder Lira, dann auch wieder Drachme. Nicht zu vergessen die berühmteste aller alten Münzen das "Piece of Eight", den Spanischen Taler, die Acht Reales, Urmünze des amerikanischen Dollar, des südamerikanischen Peso, des japanischen Yen und des chinesischen Yuan. Auch Francs und Centimes, die deutsche Mark hat man dann später "gesprochen", auch wenn sich unsere Sprache eigentlich immer noch an den Heller, den Pfennig, den Deut und den Taler eher erinnert als an die erste Kunstwährung - weil Metallwert und Nennwert nicht mehr identisch waren - die (Gold)mark, die ja so golden gar nicht war.

Mit meinen Enkeln hab ich schon Taler, Taler du mußt wandern gespielt. Auch Schulden habe ich schon auf Heller und Pfennig zurückgezahlt. Und nach wie vor bin ich der Meinung, daß des Talers nicht wert ist, wer den Pfennig nicht ehrt. Ich hab mich um den Euro bisher keinen Deut geschert. Und für den Fortbestand dieser im dreifachen Sinne künstlichen Währung wette ich keinen Pfennig, keine müde Mark und keinen Heller.

Haste mal ne Mark klingt überzeugender als haste mal nen Euro. Nein wenn der Euro dereinst den Weg gegangen sein wird, den in der Geschichte der Menschheit noch jede reine Papier- notabene Bit und Byte- Währung gegangen ist - in den Abgrund des Nichtseins nämlich, werden wir uns daran erinnern, was das Wort Geld bedeutete. Ein gewisse Menge edlen Metalles nämlich, wie das Wort Pound, das Wort Livre, das Wort Mark oder das Wort Rupie.

Der alte Taler war neben der Rupie (von Sanskrit Rupya=Silber) dereinst eine Weltwährung von so umfassender Bedeutung, daß die Rumpfwährung des Euro-Rumpfeuropas dagegen nur putzig wirkt. Und putzig wirkt auf jeden, der nur ein wenig von Wirtschafts- und Währungsgeschichte weiß, das von alten Männern, die im Denken einer absterbenden Zeit befangen waren, ausgedachte Projekt "Euro".

In Europa wird nicht europäisch gesprochen, sondern gälisch, englisch, friesisch, letzebuergisch, französisch, deutsch, dänisch, schwedisch, norwegisch und finnisch, polnisch, russisch, tschechisch, ungarisch, spanisch, italienisch, griechisch, rumänisch, serbokroatisch, kosovarisch und albanisch. Wann ist ihnen zuletzt jemand begegnet, der esperanto spricht, dieser verrückten Versuch, einen Spracheintopf anzurühren, den keiner essen mag?

Kann es sein, daß Sie inzwischen nicht nur Gämse statt Gemse schreiben sondern auch behände statt behende und Gräuel statt Greuel, rau statt rauh und Schifffahrt mit drei FFF?

3 Kommentare:

  1. Kiam Martin Walser lastfoje renkontis homon, kiu parolis Esperanton, mi ne scias. Sed mi scias, ke _vi_ antaŭ ne tre longe (almenaŭ rete) renkontis iun tian.

    Wann Martin Walser zuletzt jemanden getroffen hat, der Esperanto sprach, weiß ich nicht. Aber ich weiß, dass _du_ erst ziemlich neulich jemanden getroffen hast (zumindest virtuell), der Esperanto spricht.

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  2. Ich sehe, daß der Vergleich hinkt. Esperanto darf, wer immer will, lernen und sprechen. Niemand geht pleite, weil er Esperanto spricht, und keiner verliert seinen Job. Es gibt keine Esperanto Zentral Bank, und keinen Esperanto Stabilitäts Mechanismus. Auch findet sich sicher keine Esperanto Zentralrat oder ein Esperanto Zentralkomitee. Hört sich irgendwie lateinisch an. Wieso soll man eigentlich esperanto sprechen, wenn es lateinisch genau so gut ginge?

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  3. Absurd ist aber auch die Griechenland/Hölderlin-Diskussion, die Walser angestoßen hat. Ich habe ein paar knappe Zeilen dazu geschrieben:

    http://fratersejunctus.blogspot.de/2012/08/philhellenen-bashing.html

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