Dienstag, 1. Mai 2012

Die Seelen kalt und glaubensarm: Maiandacht


Es ist nun bald 10 Jahre her daß ich - kurz nach meiner Aufnahme in die eine Heilige Katholische und Apostolische Kirche an meiner ersten Maiandacht teilnahm. Ich glaube, daß ich bei dieser ersten Maiandacht neben dem Pfarrer der einzige unter 70jährige war. Bei der heutigen Maiandacht war das ein bißchen anders. Diesmal war ich nicht der einzige, der über 60 war. Wieder waren nur zwei der Teilnehmer unter sechzig, der Pfarrer und eine nun auch schon nicht mehr ganz junge Frau. Gleichzeitig turnte ein Trupp Jugendlicher vor der Kirche herum, die das, was sich da in der Kirche abspielte, offenkundig überhaupt nicht interessierte.

Stirbt diese Form der Marienverehrung, die es ja seit dem Barock gibt, aus? Die Blütezeit der Maiandachten während der Zeit der Romantik ist auch noch schon lange vorbei. Guido Görres "Maria, Maienkönigin" ist jedenfalls im schlechtesten Gesangbuch der Welt nicht mehr zu finden, allenfalls in einigen Diözesananhängen, in Mainz sogar nur im Anhang des Anhangs. Und wenn es zu finden ist, dann nur radikal umgedichtet, im Sinne der heute üblichen penetrantpädagogischen Neoaufklärung.

Die Seelen kalt und glaubensarm,
Die mit Verzweiflung ringen,
Die stummen mache liebeswarm,
Damit sie freudig singen

hieß es in der Originalfassung. Der (verschwundene) Vers könnte auf die aktuelle Kirche gemünzt sein.  Die keinen Frühling erleben wird, wenn Sie die Verehrung der Gottesmutter nicht wieder neu erlernt.

14 Kommentare:

  1. na, da hätte ich heute ja die große Chance gehabt, den Alterdurchschnitt nach unten zu drücken, war aber leider verhindert...
    Ich liebe diese Andachtsform, obwohl ich erst zart 45 bin ;-)

    AntwortenLöschen
  2. Das schlechteste Gesangbuch der Welt? Kennst Du schon das schweizerische?

    AntwortenLöschen
  3. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

    AntwortenLöschen
  4. Die Teilnahme oder Nichtteilnahme an einer Maiandacht ist allerdings meines Erachtens kein Gradmesser für vorhandene Marienverehrung noch etwa für Kälte oder Glaubensarmut. Just my 2 cents.

    AntwortenLöschen
  5. Tysus triffts auf den Punkt ... im Vergleich zum in der Schweiz gebäuchlichen Gesangbuch ist das Gotteslob regelrecht ein Goldschatz. Die Schweizer haben es sogar fertig gebracht, "Wunderschön prächtige" (immerhin Einsiedler Provenienz) wegzulassen. Der Hit mittelalter engagierter Katholo-EídgenossInnen ist aber sowieso "Mädchen-du-in-Israel"-Tralala.

    AntwortenLöschen
  6. @braut des Lammes. Hab ich das gesagt? Es kann ja sein, daß es an der Form der Maiandacht liegt, daß sich nur noch die Älteren und Alten angesprochen fühlen. Sollen wir die Maiandachten aussterben lassen? Ich denke nicht. Außerdem glaube ich, daß der Grund für die Entwicklung der Maiandacht eher in der Marienverachtung der Fortschrittler liegt. In den meisten deutschen Gesangbüchern findet sich das Lied von der Maienköniging überhaupt nicht. In den verbleibenden nur im Anhang und dort bis zur Unkenntlichkeit verändert. Dabei zählt es etwa den Autoren des "Geistlichen Wunderhorns" zufolge zu den 50 besten Kirchenliedern. Das Schweizer Gesangbuch besitze ich übrigens. Ich halte es nur für das zweitschlechteste Gesangbuch der Welt. Wunderschön prächtige findet sich im Stammteil auch nicht. Und in den Diözesanteilen ist es ebenfalls umgebaut worden. Ich werde mal unter meinem Nebenblog Cäcilia noch ein paar weitere Lieder veröffentlichen.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Daß manche Lieder nicht im Stammteil auftauchen, kann aber auch daran liegen, daß zumindest melodisch schlicht zu viele Varianten auf dem Markt sind.

      Das Schweizer Gedang ist eindeutig schlechter. Ich mußte eine Weile damit arbeiten.

      Löschen
  7. Der letzte Satz, Die keinen Frühling erleben wird, wenn sie die Verehrung der Gottesmutter nicht wieder neu erlernt, in einem Artikel über Maiandachten hat für mich schon ein wenig so geklungen, Johannes. Ich hab ziemlich viele Versuche hinter mir, den Maiandachten etwas abzugewinnen, in ca. 80 % der Fälle vergebens, was oftmals vor allem am Liedgut lag. Entweder hab ich jetzt eine Überdosis oder ich versuchs an einem anderen Ort aufs neue.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Vielleicht sollten wir das mal aufpolieren. Ich sorge für die richtigen Songs und du für die Blumen.

      Löschen
  8. Können wir das auch andersrum machen? Oben wollte ich als Nachtrag noch bemerken, natürlich sollte das Brauchtum fortleben, der Liedgeschmack ist nur heut oft weniger puderzuckerig. Ich z. B. sänge gern etwas aus dem Hymnos Akathistos.

    AntwortenLöschen
  9. Nun ja. Grundsätzlich singe ich ja gregorianisch. Paßt aber nicht so richtig zu einer Maiandacht. Das Sujet ist halt barock. Soooo schlecht finde ich Guido Görres gar nicht. vielmehr schon eigentlich ganz gut. Jedenfalls für eine Maiandacht. Den Originaltext vom Maria Maienkönigin find ich übrigens überhaupt nicht puderzuckerig. Das Problem scheint mir zu sein, daß man die alten Lieder vernüdlicht, verpädagogisiert und vertheologisiert.

    AntwortenLöschen
  10. Die Renaissance des Glaubens in der Rom-antik und der Jugendbewegung war stets mit einer Renaissance der Marienverehrung verbunden. Der Niedergang des Glaubens stets mit einem Niedergang der Verehrung der allerseligsten Jungfrau. In der Tradition ist keine so oft mit Gedichten und Liedern bedacht worden wie Maria. Da sollte sich doch etwas finden, daß selbst Dich ästhetisch zufrieden stellt.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Natürlich, es gibt viele Marienlieder die ich liebe, angefangen mit den großen marianischen Antiphonen. Für schlesisches Liedgut, auf das die Generation 75+ hier anscheinend so abfährt (wobei ich das von deren Standpunkt aus durchaus verstehe) bin ich halt zu nüchtern.

      Löschen
  11. Also bei uns in München ist es ja zum Glück etwas anders.
    http://beiboot-petri.blogspot.de/2012/05/patrona-bavaria.html
    Hier werden die Maiandachten in vielen Kirchen gefeiert und es sind durchaus nicht nur über 70jährige da.
    Die Stadtmaiandacht findet dieses Jahr am 4. Mai auf dem Marienplatz statt - und selbstverständlich wird Kardinal Marx zelebrieren. Vor zwei Jahren wirkte hier sogar eine Singgruppe eines Kindergartens mit. Dieses Jahr sind die Ecuadorianer dabei. Die Stadtpfarrkirche St. Peter feiert jeden Tag eine Maiandacht im Anschluss an die Abendmesse, im Dom gibt es jeden zweiten Tag eine... Und auch viele Vorstadtkirchen sind dabei.

    AntwortenLöschen