Ob die sächsischen Liberalen wohl die ersten Ansprachen des Papstes gehört haben, insbesondere die programmatische Aussage von der "armen Kirche an der Seite der Armen", und sich darauf ihren eigenen Reim gemacht haben? Wohl nicht. Aber die nunmehr von der sächsischen FDP gestartete kirchenpolitische Initiative ließe sich recht gut unter die Überschrift "Die Kirche ist noch nicht arm genug, machen wir sie ärmer" zusammenfassen.
So soll die Kirchensteuer "in ihrer jetzigen Form" abgeschafft werden. Dagegen kann eigentlich kein vernünftiger Mensch etwas haben. Jedenfalls dann nicht, wenn es nur darum geht, daß die Kirchensteuer in Zukunft durch die Kirchen selbst erhoben werden soll. Daß die Kirchen Steuern erheben dürfen, ist allerdings in Art 140 in Verbindung mit Art. 137 Weimarer Verfassung garantiert.
Das Antragspaket hat nur einen etwas anderen Schnick, wenn es gleichzeitig darum geht, den Religionsunterricht in den Schulen abzuschaffen, und durch einen nicht mehr von den Religionsgemeinschaften selbst veranworteten allgemeinen ethik- und religionskundlichen Unterricht zu ersetzen. Das Vorhaben ist zunächst schlicht verfassungswidrig, denn Art. 7 III. GG garantiert sowohl, daß Religionsunterrricht in den öffentlichen Schulen ordentliches Lehrfach ist, wie, daß der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt wird.
Die Initiative entpuppt sich schließlich als traditionsjakobinische Sottise, wenn man liest, daß auch die jährlichen Zuwendungen an die Kirche "überprüft" werden sollen. Es geht um die sogenannten Dotationen, die letztlich eine Art Schadenersatz für die flächendenkende Enteignung von Kirchengut im Rahmen der Säkularisationen des Reichsdeputationshauptschlusses von 1803 sind.
Diese Enteignung ist, wie auch die nachfolgende Enteignung im Rahmen des Kulturkampfes nie wirklich entschädigt worden. Eigentlich sollte die Versorgung des Klerus und der Unterhalt kirchlicher Gebäude in der Folge der Säkularisation aus Staatsmitteln erfolgen. Was nie geschah, sondern vielmehr den Gläubigen selbst durch Erhebung von Kirchensteuern aufgeladen wurde. Indem die FDP nun auch den schäbigen Rest der Dotationen kassieren will, sagt sie uns, daß der Krieg des 19. Jahrhunderts gegen die Kirche, bei der die Altliberalen stets an der Spitze standen, einfach nicht radikal genug war.
Begründet wird all dies nun mit dem entzückenden Argument, daß sich die Kirche mit ihrem Kampf für die Sonntagsruhe "in die Politik" eingemischt habe. Auch die ist übrigens in Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 139 Weimarer Verfassung geschützt und sie dient nicht etwa nur der "seelischen Erhebung" (Art 139 WRV) sondern auch der Arbeitsruhe.
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