Dienstag, 1. September 2015

Der Hüter der Verfassung als Feind der Verfassung.

Joachim Gauck, Paulskirche am 2. Okt. 2009
Artikel 82 GG spricht zwar nur davon, daß der Bundespräsidenten nach dem GG zustande gekommene Gesetze "ausfertigt", doch dies räumt dem Bundespräsidenten ein nicht nur formales Prüfungsrecht ein. Der Bundespräsident kann die Unterzeichnung verweigern, wenn er Zweifel an der Verfassungsgemäßheit eines Gesetzes hat, und diese Zweifel "evident" sind. Der Bundespräsident ist damit zwar nicht, weil gegen seine Handlung das Bundesverfassungsgericht angerufen werden kann, der einzige Hüter der Verfassung, aber er ist doch zumindest der Mithüter der Verfassung.

Nun hat Joachim Gauck im Kontext der Masseneinwanderung nach Deutschland - ich spreche hier bewußt nicht von Massenflucht - davon gesprochen. daß wir "Nation neu definieren müssen." Wörtlich:
Und ich glaube, dass die Diskussion über die Chancen der Zuwanderung an Fahrt gewinnen wird, wenn sich noch mehr Menschen als bisher von dem Bild einer Nation lösen, die sehr homogen ist, in der fast alle Menschen Deutsch als Muttersprache haben, überwiegend christlich sind und hellhäutig... Tatsächlich ist die Lebenswirklichkeit hierzulande doch schon erheblich vielfältiger. Der Kopf weiß das auch, aber das Gemüt ist da manchmal noch ein wenig hinterher. Ich meine, wir müssen Nation neu definieren: als eine Gemeinschaft der Verschiedenen, die allerdings eine gemeinsame Wertebasis zu akzeptieren hat.
Müssen wir das? Hat Gauck nicht geschworen "daß ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde." (Art. 56 GG)

Da ist es ja schon, das D-Wort. Sogar noch im Kontext mit "Volk". Müssen wir uns von der relativen Homogenität unseres Volkes verabschieden, vor allem, wenn wir einmal von der Hautfarbe absehen, davon, daß dieses Volk überwiegend christlich ist? Oder sich zumindest der christlich-abendländischen Kultur zuzählt?

Nein, sagt mein Verfassungskommentar. Nach dem GG bildet ausdrücklich das Deutsche Volk das Staatsvolk der Bundesrepublik (Präambel, Art. 33 Abs. 1 und 2, 56, 116, 146 GG). Die Zugehörigkeit zum Deutschen Volk bildet damit das Anknüpfungskriterium für den Staatsangehörigkeitserwerb. Gegen den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit sind aus diesem Grund verfassungsrechtliche Bedenken geäußert worden. Die Homogenität des Staatsvolkes ist Verfassungsprinzip.
Im Grundgesetz wird das Deutsche Volk im Sinne einer Bevölkerung eines abgegrenzten Kulturkreises oder eine ethnische Gruppe geprägt. ... Der Begriff des Statusdeutschen in Art. 116 Abs 1 und 2 GG wird durch das Prinzip getragen, daß Abkömmlingen deutscher Staatsangehöriger in den Grenzen nach 1937 sowie verfolgter oder vertriebener deutscher Staatsangehöriger die deutsche Staatsangehörigkeit zusteht. Die hierin enthaltenen Rudiment eines im Grundgesetz verankerten Abstammungsprinzips finden darin eine Verstärkung, als es sich beim den von Art. 116 Abs. und 2 GG genannten Abkömmlingen systembedingt um solche handelt, die gerade exterritorial geboren sein können. Hinzu tritt eine grundgesetzimmanente Dominanz der deutschen Sprache als Staatssprache; nach der Präambel wird das Grundgesetz durch das Deutsche Volk legitimiert;  ... Das deutsche Volk bildet im Übrigen eine Kulturgemeinschaft, die von dem Verfassungsgeber vorgefunden worden ist und deren Bestandselemente wie die Unantastbarkeit der Menschenwürde, die Gleichberechtigung von Mann und Frau oder die Glaubens- und Gewissensfreiheit als Geltungsbedingungen permanent fortwirken. ... Genau diese Bestandselemente deutscher Kulturgemeinschaft konditionieren auch die Homogenität des Staatsvolkes. Ihr Ursprung aus der christlich-abendländisch verwurzelten Tradition findet einen weiteren Anknüpfungspunkt in der invocatio dei der Präambel ("in Verantwortung vor Gott"), auch und gerade wenn diese keineswegs zwingend als religiöse Anrufung zu verstehen ist, sie vielmehr individualisiert mit sittlichen, naturrechtlichen, moralischen oder auch religiösen Inhalten ausgefüllt werden kann." (Schmidt-Bleibtreu Hofmann Rdn. 7 zu Art. 116 GG).
Welcher Teufel hat nun den Pfarrer Gauck geritten, daß er genau dies, die deutsche und christlich-abendländische Prägung unsere Landes zur Disposition stellt? Ist im klar, was es für diese Land bedeutet, wenn es aufgrund der von ihm begrüßten Umvolkung des deutschen Volkes eines Tages eine nichtdeutsche, nichtchristliche Bevölkerungsmehrheit in diesem Land gibt? Wenn der Islam nicht nur zu Deutschland "gehört", sondern die dominierende Religion in diesem Land ist? Was dies für die Unantastbarkeit der Menschenwürde, die Gleichberechtigung der Frau , die Glaubens- und Gewissensfreiheit bedeutet? Läßt sich die christlich-abendländische Prägung durch eine wolkige gemeinsame "Wertebasis" ersetzen?

Carl Schmitt hat einmal über die Tyrannei der Werte geschrieben, und wollte damit zum Ausdruck bringen, daß "Werte" kein Ersatz für Freiheitsrechte sein können.
Wer Wert sagt, will geltend machen und durchsetzen. Tugenden übt man aus; Normen wendet man an; Befehle werden vollzogen; aber Werte werden gesetzt und durchgesetzt. Wer ihre Geltung behauptet, muss sie geltend machen. Wer sagt, dass sie gelten, ohne dass ein Mensch sie geltend macht, will betrügen.
Der gegenwärtige Hüter der Verfassung ist einer ihrer gefährlichsten Feinde.




4 Kommentare:

  1. Kommen denn da jetzt nicht auch viele Christen aus Syrien?

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  2. Nein. Der Anteil der Christen an den syrischen Flüchtlingen beträgt lediglich 4,9%. Die weitaus meisten Flüchtlinge, jedenfalls unter denen, die auch eine Chance auf Gewährung des Flüchtlingstatus haben, sind Muslime.

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  3. Naja, wenn schon die gebürtig deutschen Islamkämpfer keinen Fuss mehr unbestraft auf deutschen Boden bekommen...

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