Donnerstag, 10. Mai 2012

Wo die Sechziger nur grausam waren: die Schubidu-Revolution



Wer meint, daß Baptisten keinen Spaß haben, sollte sich dieses Video ansehen. Der Soundtrack stammt von den Ärzten, das gecoverte Lied markiert den Einbruch des absoluten Grauens in die Kirchenmusik: "Danke für diesen guten Morgen" ist die Urformel des sogenannten Neuen Geistlichen Liedes. Heute vor 50 Jahren kam dieses Lied auf den Markt und eroberte, na ja, nicht gerade die Gottesdienste, jedenfalls nicht zunächst, sondern die Hitparaden. 24 Wochen hielt sich das Lied auf den Hitlisten der 60er.

Die damals noch von gebildeten Studienräten geleitete Kirchenpresse qualifizierte das Stück allerdings  ab, als "Poesie für religiöse Gartenzwerge". Inzwischen hat sich das Bild gewandelt. Während die Schlagerparade Dieter Thomas Hecks längst in den Orkus des ewigen Vergessens gefahren ist, erlebt innerhalb der Kirchen die Poesie für religiöse Gartenzwerge noch jeden Sonntag fröhliche Urständ.

So singen wir (ich singe NIEMALS mit, auch wenn ich noch soviel Schienbeintritte von meiner Herzallerliebsten ernte) in unseren Kirchen Lieder, die da draußen, in der ungnädigen Welt, keine Chance mehr auf Hörer hätten.

Wes Geistes dieses Lied ist, läßt sich unter anderen daran ablesen, daß dem Komponisten die zweifelhafte Ehre zuteil wurde, daß sein Lied unter die "Hundert Schlager des Jahrhunderts" eingereiht wurde. Neben "Guildo hat Euch lieb", "An der Nordseeküste", "Sonderzug nach Pankow", "99 Luftballons", "Ein bißchen Frieden" (Nicole), "Griechischer Wein" (Udo Jürgens), "Mein Freund der Baum" und "Marmor, Stein und Eisen bricht". Oder "Weiße Rosen aus Athen", "Wir wollen niemals auseinander gehen", "Kalkutta liegt am Ganges" usw. usf.

Zum Teil find ich diesen Knuddelkitsch ja lustig, mit einer gehörigen Portion Selbstironie sogar verdaulich, in Großen und Ganzen aber poetisch-musikalisch allerunterste Kategorie. Von Dieter Thomas Heck hat sich unsere Generation der RocknRoller mit Grausen abgewandt. Die Beatles und die Stones waren unsere Erlöser.

Nun, alt und fromm geworden, holt uns das Grauen, dem wir entfliehen wollten, in den Kirchen ein. Immer wenn ich diese Musikstückchen anhören muß, und sich ein leichter Brechreiz entwickelt, seh ich ein Grinsen in der Luft schweben. Ich bin ganz sicher, daß der, dessen Namen niemals genannt werden darf, sich diese Strafe für uns ausgedacht hat.

Heiliger Friedrich Spee, bitt für uns!

3 Kommentare:

  1. Hilfe! Wenn der Knilch, der da singt, wenigstens musikalisch wäre. So ist das Lied noch viel besser zum Abgewöhnen ...

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  2. He, das kannst du einem alten Rocker wie mir nicht antun. Die Coverversion ist supaaaH! Ich steh auf die Ärzte. Und die Jungs und Mädels machen das supergoldisch.

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  3. Johannes, danke für...die Lachtränen! Ich steh ja sonst nicht so auf die Ärzte, aber du hast die einzige erträgliche Version dieses unsäglichen Machwerks (und ich sag da jetzt nicht "Lied" zu) gefunden.

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