Donnerstag, 23. Mai 2013

Peinlich, peinlich: Die SPD macht sich 150 Jahre alt.


Ist die SPD wirklich vor 150 Jahren am 23.5.1863 gegründet worden? Keineswegs, an diesem Datum gründete sich der Allgemeine Deutsche Arbeiterverein Ferdinand Lassalles, einer der Vorläuferorganisationen der SPD, doch eben nicht die SPD. Erst 1875 vereinigte sich der ADAV mit der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Bebels zur Sozialistischen Arbeiterpartei und erst 1890 wurde aus dieser Partei die SPD.

Den 23. Mai 1863 zum Gründungstag der SPD zu erklären, macht ebensoviel und ebensowenig Sinn, wie die Behauptung, die CDU sei bereits im Jahre 1848 mit der Gründung des Katholischen Klubs im Paulskirchenparlament, oder mit der Gründung der Katholischen Fraktion im Preußischen Landtag, oder der Soester Konferenz am 12. Januar 1864, oder dem Soester Programm vom 28.10. 1870  (des Zentrums) entstanden. Verfolgt man die protestantisch-konservativen Wurzeln der CDU, dann wäre sie womöglich schon am 24. Juli 1848 mit der Gründung des preußischen "Vereins zur Wahrung der Interessen des Grundbesitzes und zur Förderung des Wohlstands aller Klassen" ins politische Leben getreten.

Daß sowohl die preußischen Conservativen wie vor allem das katholische Zentrum zu den Vorläuferorganisationen der CDU gehörten, wird kein Historiker bestreiten. Doch die CDU verstand sich als "neue" Partei, während die olle SPD darauf bestand, stets die selbe geblieben zu sein, die Partei Lassalles.

Was die Sache noch ein bißchen peinlicher macht. Galt doch das Lassallsche Erbe immer schon - Marx sprach vom "Untertanengeist der Lassallschen Sekte" - als Ausdruck eines etatistisch-autoritären Denkens. Das Gründungsdokument der Lassallschen Partei,  Lassalles "Offenes Antwortschreiben" zeigt, wohin der Hase lief. Lassalle geißelt in diesem Schreiben vor allem den Konkurrenten, den Abgeordneten Schulze-Delitzsch, der auf die Selbstorganisation der Arbeiter setzte, auf gegenseitige Hilfe, auf Genossenschaften, auf Kredit-, Rohstoff- , Konsum- und Vorschußvereine. Das, so Lassalle, sei nur für den kleinen Handwerksbetrieb tauglich, nicht aber für die Arbeiter, die in der "Großen Industrie" schufteten. Für die Arbeiterklasse gebe es nur eine Strategie: die Einführung des Allgemeinen Wahlrechts, mit der die Arbeiter den Staat erobern sollten, damit dieser staatliche Kredite zur Gründung von sogenannten "Produktionsvereinen" gewähre. Nur so könne der Arbeiter dem "ehernen Lohngesetz" entkommen.

Man erkennt unschwer das Konzept des Volkseigenen Betriebes, der bei Lassalle aber immerhin noch so gemeint ist, wie er heißt.

Unschwer erkennt man auch den Etatisten, dem Selbstorganisation ein Greuel, jede Selbsttätigkeit verdächtig ist. War es ein Wunder, daß sich der nationalistische Etatist Bismarck und Lassalle bestens verstanden? Bismarck hat später eingeräumt, daß die von ihm eingeleiteten Sozialreformen von Lassalle inspiriert waren, daß man sich bei geheimen Gesprächen und in einer geheimen Korrespondenz, die erst im 20. Jahrhundert ans Licht kam, stets der gegenseitigen Wertschätzung versichert habe.

Recht verstanden leben wir also noch immer im autoritären Sozialstaat des kongenialen Paares Bismarck/Lassalle. Und recht verstanden stehen Katholiken, jedenfalls soweit sie der katholischen Soziallehre folgen, die eben Selbstorganisation, Selbsthilfe, freie Assoziation, Subsidiarität predigt, noch immer auf der "anderen Seite":
Enthält der Sozialismus - wie übrigens jeder Irrtum - auch einiges Richtige, was die Päpste nie bestritten haben, so liegt ihm doch eine Gesellschaftsauffassung zugrunde, die ihm eigentümlich ist, mit der echten christlichen Auffassung aber in Widerspruch steht. Religiöser Sozialismus, christlicher Sozialismus sind Widersprüche in sich; es ist unmöglich, gleichzeitig guter Katholik und wirklicher Sozialist zu sein. (Pius XI, Quadragesimo anno

1 Kommentar:

  1. Danke schön, seh ich auch so.
    Aber erstaunlich, dass man heute bei katholisch.de eine Hommage an die SPD liest und wie schön es doch sei, dass man sich jetzt so gut verstehe und sich einander angenähert habe. Die Frage ist aber, wer sich an wen angenähert hat. Die SPD besteht ja darauf, so geblieben zu sein, wie sie ist .....

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