Sonntag, 26. Februar 2012
Paenitemini et credite evangelio
Lent - First Sunday: Tract from Corpus Christi Watershed on Vimeo.
Das Evangelium des ersten Fastensonntags der neuen Leseordnung (Markus 1, 13-15) ist kurz und knapp. So kurz und knapp wie das Markus-Evangelium eben im allgemeinen so ist. Diese Lesung ist nun das Motto dieses Blogs, also will ich sie keinesfalls kritisieren.
In den kirchenmusikalischen Kontext passt diese Lesung allerdings nicht, denn Introitus, Graduale, Tractus, Offertorium und Communio sind ausschließlich auf Psalm 90 bezogen, den Sonntagspsalm der Complet. Und dieser Psalm wird nun einmal im Evangelium der alten Leseordnung (Matth. 4, 1-11; Matth. 4,6) zitiert.
Wegen seines geringen Tonumfangs und seiner vielen Wiederholungen nicht so schwer zu singen, aber doch für eine Schola ein sehr, sehr langer Text, das längste Stück im ganzen Graduale. Da unsere Schola heute nicht singt, wir schaffen es als Laienschola gerade einmal mit Mühe alle 3 bis 4 Wochen, ist dieser "Kelch heute an uns vorüber gegangen". Aber vielleicht ist es ja vor allem ein "Kelch" für eine Gemeinde, die sich fast ein viertel Stunde lang ein eher monotones Gesangsstück anhören muß.
Doch wer sich hineinhört, wird den eigentümlichen Reiz des Tractus entdecken. Nur während der Fasten (und Vorfastenzeit) ist der Tractus zu hören. Fast hypnotisch klingt die Melodie, die monotoner und gleichförmiger ist, als alle anderen Gesänge der Messe. Der Tractus ist ausschließlich im zweiten oder achten Ton komponiert, und bestimmte Phrasen wiederholen sich in allen bekannten Tractus-Gesängen, Die Komposition ist auf den Wechselgesang einzelner Sänger ausgerichtet, und entspricht damit in ihrer Ordnung dem Psalmgesang des Stundengebets, es fehlt allerdings eine Antiphon. Die Texte sind ausschließlich den Psalmen entnommen.
Diese Einfachheit spricht dafür, daß es sich bei dem Tractus um eine der ältesten Formen des gregorianischen Gesangs handelt, möglicherweise älter als alle anderen Gesänge der Messe. Worüber sich nun allerdings die Gelehrten streiten, aber das muß ja nicht interessieren.
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