Donnerstag, 31. Oktober 2013

causa Limburg: Der Kampf der Milliardäre für die "Arme Kirche"

In kaum einem anderen Presseerzeugnis wurde und wird so gnadenlos gegen den Limburger Bischof gehetzt wie im einstmals als konservativ geltenden "Focus". Kein Tag verging, da nicht irgendein Redakteur mit gehörig Schaum vor dem Mund gegen die "reiche" Kirche und den - wahlweise - Prunk- oder Protz-Bischof polemisierte.

Kaum ein anderes Presseorgan hat so intensiv und penetrant und unterhalb der Gürtellinie den Güllekübel über dem Bischof von Limburg ausgegossen.

Mit einer Artikelserie des progressiven Liberalen Kubicki ereicht die Kampagne des Focus ihrem pseudointellektuellen Höhepunkt. Schon mehrfach hat der Advokat Kubicki sein Forum in dieser Sache genutzt. Und heute erklärt uns der progressistische Anwalt Kubicki "Warum der Staat die Zahlung an die Kirche stoppen muß."

Der Vorschlag, den Kubicki unterbreitet, ist uninteressant, weil er praktisch jede rechtliche wie auch historische Grundvoraussetzung ignoriert, interessant ist allenfalls daß der Jurist Kubicki an eine - rechts-, verfassungs-, und völkerrechtswidrige - entschädigungslose Enteignung der Kirchen denkt und ihr das Wort redet.

Kubicki ist ja möglicherweise als Strafverteidiger nicht gerade der Spezialist für komplizierte Verfassungs- und Völkerrechtsprobleme. Aber ich unterstelle ihm, daß er seine Zuhörer bewußt nur unvollständig informiert. Hier die Quintessenz des Focus-Artikels:
Eine Lösung (für die Abgeltung der sogenannten Dotationen) könnte ... die Einrichtung einer Kommission beim Bundesfinanzministerium sein, die einerseits in einer Art Eröffnungsbilanz die 1803 verstaatlichen Kirchengüter bewertet und anderseits die Summe der seitdem an die Kirchen geflossenen Entschädigungen ermittelt. Dabei sollte transparent, offen und für jeden nachvollziehbar dargelegt werden, welchen Wert die Kirchengüter damals hatten und wie viel an bisherigen Zahlungen geleistet wurden. 
Eine Überprüfung dieser Zahlen durch sachverständige Dritte sollte selbstverständlich möglich sein. Am Ende dieses Prozess müsste der dann fällige Restbetrag abgelöst und somit der Auftrag aus dem Grundgesetz vollzogen werden. Dabei kann als Ergebnis auch herauskommen, dass mit den bisher geleisteten Zahlungen alles abgegolten ist. Die Steuerzahler haben es verdient, dass der Staat seiner im Grundgesetz verankerten Verpflichtung nachkommt und dieses Kapitel nun endlich abschließt.
Daran stimmt so gut wie nichts.

1. Kubicki verschweigt, welche Rechtsgrundlage die heutigen Zahlungen an die Kirchen haben: die Konkordate, die die Kirchen im 20. Jahrhundert abgeschlossen haben. Das für die Katholische Kirche maßgebliche Konkordat ist das Reichskonkordat von 1933, sowie die vorausgegangenen preußischen, badischen und bayerischen Konkordate.. Auch das Reichs-Konkordat sieht  wie die Weimarer Verfassung und das Grundgesetz die Ablösung der Dotationen in Artikel 18 vor:
Falls die auf Gesetz, Vertrag oder besonderen Rechtstiteln beruhenden Staatsleistungen an die katholische Kirche abgelöst werden sollten, wird vor der Ausarbeitung der für die Ablösung aufzustellenden Grundsätze rechtzeitig zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Reich ein freundschaftliches Einvernehmen herbeigeführt werden. Zu den besonderen Rechtstiteln zählt auch das rechtsbegründete Herkommen. Die Ablösung muß den Ablösungsberechtigten einen angemessenen Ausgleich für den Wegfall der bisherigen staatlichen Leistungen gewähren.
Festzuhalten ist dabei zweierlei: eine Ablösung setzt ein "freundschaftliches Einvernehmen" voraus und  die Ablösung muß dem Ablöseberechtigten (der Kirche) einen angemessenen Ausgleich für den Wegfall der bisherigen staatlichen Leistungen gewähren. Damit ist ein entschädigungsloser Wegfall der Zahlungen ausgeschlossen.

2. Es kann nicht darum gehen "welchen Wert die Kirchengüter damals hatten", sondern, wenn man schon von einer Enteignung ausgeht, darum, welchen Wert sie heute haben. Der Anspruch der Kirche ginge, legt man die heutigen Maßstäbe des Eigentumsschutzes von Verfassungs wegen zugrunde, auf Restitution ihres Eigentums.

3. Die Zahlungen an die Kirchen nach dem Reichsdeputationshauptschluß hatten gerade keine Entschädigungsfunktion, sondern sollten lediglich die wegfallenden Erträge aus dem enteigneten Vermögen ausgleichen. Die Staaten zahlten also nur die "Zinsen". Die Kirche war vor der Enteignung wirtschaftlich autonom, konnte also ihren Finanzbedarf, die Besoldung ihres Personals wie die Unterhaltung ihrer Einrichtungen aus den Erträgen des eigenen Vermögens bestreiten.

4. Gegenüberzustellen ist damit betriebswirtschaftlich nicht der "damalige" Wert der enteigneten Kirchengüter, sondern ihr heutiger Wert und ihr Ertrag über mehrere Jahrhunderte. Nur dieser Ertrag wäre mit den geleisteten Zahlungen der Staaten finanzmathematisch auszugleichen, ein  betriebswirtschaftlich praktisch aussichtsloses Unternehmen. Mit einem Überschuß, der als Tilgung zu verstehen wäre, von dem Kubicki ausgeht, ist in keinem Fall zu rechnen.

5. Die Zahlungen der Staaten reichten nämlich bereits im Lauf des 19. Jahrhunderts nicht mehr aus, um auch nur den laufenden Finanzbedarf der Kirchen sicherzustellen. Die Einführung der Kirchensteuer wurde notwendig, weil die Staaten ihre Zusagen nicht einhalten konnten oder wollten. Die Kirchensteuer wurde unter dem Protest der Kirchen eingeführt, die darauf hinweisen konnten, daß sie ja schon einmal bezahlt hatten, nämlich mit der Enteignung ihres gesamten Vermögens. Die Gläubigen wurde mit der Einführung der Kirchensteuer zum zweiten Mal zur Kasse gebeten.

6. Dieser Vorgang legt nahe, daß nicht einmal die wegfallenden Erträge ausgeglichen wurden. Von einer "Tilgung" des Werts des enteigneten Vermögens ist schon gar nicht auszugehen, das von Kubicki ersonnene Rechenexempel ist betriebswirtschaftlich nicht nur kaum durchführbar, sondern völlig überflüssig, weil das Ergebnis schon feststeht.

7. Art 138 WRV, der die Ablösung der Dotationen fordert, ist nie umgesetzt worden. Die Schwierigkeiten, die mit der Umsetzung verbunden wären, werden in der Rechtsprechung und Kommentierung vorwiegend als unlösbar angesehen. Eine entschädigungslose Einstellung der Zahlungen legt Art. 138 WRV nicht nahe. Nach Art. 138 sollte im übrigen nicht nur die Enteignung 1803 sondern auch diverse altrechtliche Verpflichtungen abgelöst werden, die zum Teil noch aus der Zeit der Reformation stammten. Ein sinn- und aussichtsloses Unternehmen.

8. Das Reichskonkordat hat, wie das BVerfG in mehreren Entscheidungen festgestellt hat, auch für die Bundesrepublik Geltung. Für die evangelischen Landeskirchen findet das Konkordat im übrigen entsprechend Anwendung. Die Verhandlungsparteien der Konkordate waren sich sehr wohl dessen bewußt, daß man besser von Entschädigung gar nicht erst reden sollte. Diese zu bemessen, hätte endlose und fruchtlose Ermittlungen und ebenso endlose Streitigkeiten provoziert.

9. Die Ablösung nach Maßgabe der einzig praktiblen Regelung, nämlich der des Konkordats, ist ein einfaches finanzmathemathisches Rechenexempel, bei dem die einzige Komplikation darin besteht, sich auf einen Zinssatz für die Ablösung einer zeitlich nicht befristeten Staatsleistung zu einigen. Finanzmathematisch ist dies nahezu banal. Es bedarf nur einer einzigen Zahl: Wie hoch sollte ein Kapitalbetrag verzinst sein, der zur Ablösung der Staatsleistung dient. Einigt man sich auf 3 Prozent, ist der 33fache Betrag zu zahlen. Rechnet man mit höheren Renditen, ist der Betrag geringer. In der Diskussion ist der Faktor 25. Macht 12 Milliarden Euro. Dies sind gerade einmal 2 Prozent der jährlichen Steuereinnahmen, keine unerschwingliche Summe.

Aber Kubicki geht es um etwas anderes. Wieder einmal soll suggeriert werden, daß sich die Kirche auch auf Kosten der Kirchenfernen "bereichert". Ein klassisches Thema, so recht nach dem Geschmack der Kulturkämpfer, deren Speerspitze schließlich nicht etwa der in diesem Zusammenhang teilweise zu unrecht gescholtene Bismarck war, sondern die Deutsche Fortschrittspartei, auf deren Tradition sich die FDP beruft. Nicht Bismarck, sondern der Polenhasser und Katholikenfresser Prof. Dr. Virchow, der - typisch Pathologe - den polnischen Katholizismus für eine Art auszumerzende Krankheit hielt, hat den Begriff des Kulturkampfes geprägt.

Der Kulturkampf führte im übrigen zu einer weiteren, im Sinne der Verfassung des Reiches und der Länder verfassungswidrigen Enteignung der Kirche.

Der liberale Herr hat also einen weiteren, den dritten Verfassungsbruch zu Lasten der Kirche im Sinne. Wie überhaupt die Liberalen den angemaßten Artikel einer "Verfassungspartei" völlig zu unrecht tragen. Den deutschen Liberalen sei angeraten, sich mit ihren Leichen im Keller auseinanderzusetzen, zu denen nicht nur der Kulturkampf, sondern auch der Annexionismus des hochverehrten Herr Naumann, sowie die Zustimmung zu Hitlers Ermächtigungsgesetz gehört. Reue und Einsicht, sowie die Bereitschaft hinfort nicht mehr zu sündigen, stünde den Liberalen, auch einem Herrn Kubicki, gut zu Gesicht. Andernfalls droht der endgültige Absturz in das politische Nichtsein.

Ich will zum Abschluß nicht vergessen, zu erwähnen, wer hier schreiben läßt. Der Focus gehört heute zum Konzern Hubert Burdas. Nach der Forbes-Liste der reichsten Deutschen aus dem Jahre 2007 steht Burda bereits auf Platz 18. Privatvermögen: 4,3 Milliarden US-Dollar.

In Abwandlung einer Kampfparole von Karl Marx könnten man also behaupten, daß die Expropriateure für die vollständige Expropriation der bereits Expropriierten schreiben lassen. In Deutschland kämpfen die Milliardäre für die "Arme Kirche", und behaupten sie stünden an der Seite des Papstes. Das verlogen zu nennen, wäre eine Untertreibung.

Mittwoch, 30. Oktober 2013

casus Limburg: die Katze ist aus dem Sack, aber interessiert das wen?

Ich habe mir von meinem Hausarzt bestätigen lassen, daß ich nicht zu Paranoia neige. Und außerdem habe ich ja auf diesem Blog immer mein Vorbild vor Augen, Juan Francisco Maria de la Salud Donoso Cortéz y Fernández i Marqués de Valdegamas (dieser schöne Name mußte mal ausgeschrieben werden. Den frio politico, den kalten Politiker. Ich sach also mal ganz cool, völlig vorurteilsfrei und bar jeden Verfolgungswahns, daß es sich beim casus Limburg um eine koordinierte Medienkampagne eines Bündnisses der deutschen Medien-Plutokratie und des Neu-Deutsch-Katholizimus handelt.

Wenn ich hinter der Medienkampagne gegen Tebartz-Van Elst eine koordinierte Aktion von Memorandums-Professoren (Schüller), antikatholischen und linkskatholischen Journaillisten(Wensierski, Deckers) , "basisdemokratischen" Gremienkatholiken, und deutschkatholischen Heckenschützen (von Elst) in der katholischen Hierarchie selbst sehe, dann kann ich das inzwischen passabel begründen. Johannes zu Eltz, dem man wohl unterstellen muß, daß er der  Großwesir Isnogud des Bistums Limburg ist (das ist der, der immer Kalif werden will anstelle des Kalifen), hat nun die Katze aus dem Sack gelassen:
Am vergangenen Mittwoch hat der Papst eine merkwürdige und denkwürdige Entscheidung getroffen....Die Ambivalenzen der Regelung deuten in meinen Augen darauf hin, dass der Kampf um den Kurs der Kirche in Deutschland, in dem unserem Bischof eine wichtige Rolle zugedacht war, noch nicht entschieden und noch nicht zu Ende ist.
Das ist ja ganz richtig gesehen. Dem neuen Bischof von Limburg war die schwierige Aufgabe zugedacht, den Augiasstall, den sein Vorgänger Kamphaus hinterlassen hatte, auszumisten. Unvergessen, daß Kamphaus der einzige Bischof war, der sich der Forderung Johannes Paul II widersetzte, aus der staatlichen "Schwangerenkonflikberatung" auszusteigen und um der Klarheit der Botschaft der Kirche willen, keine (Abtreibungs-)Scheine mehr auszustellen, Schließlich wurde dem widerspenstigen Bischof ein Weihbischof vor die Nase gesetzt, der den Willen des Papst zu exekutieren hatte. Kamphaus, der Lieblingsbischof der deutschen Journaille, war selbst nicht in der Lage, dem Willen des Papstes, dem er Gehorsam gelobt hatte, Folge zu leisten. Im Konflikt zwischen dem Gehorsam zum Papst und der Loyalität zum linkskatholischen juste millieu ging der "tapfere" Herr Kamphaus doch wohl vor den Schreihälsen der antikatholischen Kampfpresse in die Knie. Oder war er selbst einsichtsunfähig. Das wäre doch zu dumm.

Es wäre jetzt nicht blogkompatibel, die Zustände in der Kamphaus-Diözese im einzelnen zu beschreiben, aber es genügt eigentlich zu wissen, daß Prof. Dr. Schüller, einer der Hauptinitiatoren des unsäglichen "Memorandums 2011" und einer der Hauptbetreiber der Kampagne gegen TvE über viele Jahre einer der engsten Mitarbeiter Kamphausens war. Schüller legte sein Amt in der Diözese bezeichnenderweise in dem Moment nieder, als TvE einen Pfarrer degradierte, der gemeinsam mit einem protestantischen Kollegen im Wetzlarer Dom eine Segnungsfeier für ein homosexuelles Paar zelebriert hatte. Daß der frühere Sprecher der knallliberalen WiSiKi, Hubertus Janssen Limburger Pfarrer war, also der Disziplinargewalt Kamphaus unterstand, gehört zum Bild.

Es war abzusehen, daß TvE sich in dieser Diözese zahlreiche Feinde schuf, unter anderem als er die Order Kamphaus widerrief, nach der auch Laien als Gemeindeleiter fungieren durfte.

Wie also funktioniert die koordinierte Aktion? Zunächst gewissermaßen auf Zuruf. Den bekannten Stichwortgebern, Wensierski vom "Spiegel", Deckers von der "FAZ" et. al. werden Informationen zugesteckt, die sie umgehend im gewünschten Sinn einsetzen.

Aber gibt es da noch mehr? Operiert da ein "Wir"? FAZ-Redakteur Deckers (es geht in diesem Interview um den "Abschuß" des Bischos Mixa) hat es uns verraten:
E.: Ihre Quelle sind frühere enge Mitarbeiter Bischof Mixas, wie erklären Sie sich das solche sensiblen Informationen gerade jetzt auf den Markt kommen. 
D.: Die Erklärung ist relativ einfach. Alle, oder die meisten und ich auch haben gehofft, daß dieses Faß, das jetzt aufgemacht worden ist, daß es zubleiben würde. Allerdings war diese Rückkehr Mixas nach Augsburg insofern orchestriert worden als in einigen Blättern der Springerpresse Informationen verhandelt wurden, die nur aus dem Umfeld Mixas kommen konnten, derzufolge Erzbischof Marx und Erzbischof Zollitsch den Papst mit getürkten  Informationen über einen mutmaßlichen sexuellen Mißbrauch gewissermaßen über den Tisch gezogen hätten. Und diese Version war am vergangen Sonntag zuächst in der Welt am Sonntag zu lesen, dann in der Bildzeitung und dann hat Mixa in der Zeitung "Die Welt" am Dienstag selber nachgelegt und diese Beschuldigung erhoben. Daß war dann für mich und für andere Kollegen das Signal, zu sagen gut jetzt, wenn man jetzt sozusagen diese Auseinandersetzung auf dieser Ebene sucht, dann kann er diese Auseinandersetzung auch haben.
Wer ist wohl "alle" oder "die meisten"? Wie darf man sich das vorstellen? Wahrscheinlich ganz schlicht, es gibt offenkundig eine eingespielte Koordination zwischen "Kirchenreformern" und der entsprechenden linkskatholischen und antikatholischen Journaille, die sich gegenseitig auf Zuruf, aber offenkundig auch nach Absprache, die Bälle zuwerfen. Im Fall Mixa war die Front noch nicht ganz geschlossen, die Springerpresse scherte aus - heute schert sie nur teilweise aus - aber die dramatis personae, die Gegenpäpste Deutschlands, sollten eigentlich heute allen bekannt sein.

Es ist der ewige Investiturstreit. Wer bestimmt wer in Deutschland Bischof werden kann und bleiben darf? Ist es der Papst? Sind es die Hilfstruppen der Neuen Kaiser, Wensierski, Deckers, Schüller, von Elst, WiSiKi, die seit je vom "antikatholischen Affekt" gekennzeichnete deutsche Presse.

Oder einmal anders gefragt - bestimmen die Familien Augstein(Spiegel), Markwort(Focus), Jahr(Stern), Springer(Bild, Welt, BamS), Mohn(Bertelsmann) - nicht nur, wer Bundeskanzler wird und wer nicht, wer in den Bundestag gewählt wird und wer nicht, sondern auch, wer in diesem Land Bischof werden darf?

Als naiver Jüngling trug ich dermaleinst ein "Enteignet Springer" - Button. Damals ahnte ich noch nicht, daß die Plutokratie erzkapitalistisch lebt, aber - soweit ihr die Medien gehören - links schreiben (läßt). Hätte mal früher Spengler lesen sollen. Oder besser noch Chesterton. Daß sich Hudge und Gudge bestens verstehen, habe ich damals nicht geahnt.
"A horrible supicion thas has sometimes haunted me: the suspicion that Hudge (der Sozialreformer) and Gudge (der Kapitalist) are secretly in partnership... Gudge the plutocrat wants an anarchic industrialism; Hudge the idealist provides him with lyric praises of anarchy. Gudge wants women workers because they are cheaper; Hudge calls the woman´s work "freedom to live her own life." (G.K. Chesterton, What´s Wrong With the World! London: Cassell, 1910)

Dienstag, 29. Oktober 2013

TvE und der "Stern": Die Porno-Postille will auch mal

Nun muß auch noch der "Stern" seinen Senf dazugeben. Womit denn in der unsäglichen Debatte über die Protz-, Prunk- und Bling-Bling-Kirche der Tiefpunkt endlich erreicht ist. Eines der Highlights des unsäglichen Artikels über die "unüberschaubar reiche" Kirche:
Als der damalige Papst Benedikt XVI im Bundestag auftrat, erklärte er den Volksvertretern, daß er demokratisch beschlossene Gesetze im Vergleich zum göttlichen Recht für zweitklassig hält. Letztlich ist die Kirche eine absolutistisches Gebilde in einem Land, dessen Souverän das Volk ist.
So what. Das ist jedenfalls die mit Abstand dümmste Interpretation der Rede Benedikts, die ich jemals gelesen haben.

Ich lese ja eigentlich außer der "eigentümlich frei", der "Vatican" und noch ein paar weiteren Kleinstzeitungen aus dem katholisch-konservativen Spektrum nur noch Auto-Zeitungen. Weil da Redakteure schreiben, die von dem Gegenstand, über den sie schreiben, wirklich Ahnung haben.

(Für den, der Benedikts Rede weder gelesen noch von ihr gehört hat: es geht in dieser Rede gerade nicht um "göttliches Recht" und "Demokratie", sondern um Naturrecht und Positivismus, um das Verhältnis von Natur und Vernunft, und es ging auch um die späten Erkenntnisse des großen Theoretikers des Rechtspositivismus, Hans Kelsen.) :

Der Artikel im Stern über die "Dunkle Macht" befaßt sich intensiv mit den Automarken, die unsere Bischöfe fahren (vorwiegend BMW, na klar, ist schließlich ein Auto, das die Überlegenheit der katholischen Kultur beweist) der Größe ihrer Wohnung und dem Kapitalbesitz der jeweiligen Diözesen. Wäre ja mal interessant, von der selben Journaille zu hören, welche Autos die wirklich Mächtigen unserer Gesellschaft fahren, und in welchen Häusern sie wohnen; die Plutokraten und Politokraten die die veröffentlichte Meinung im festen Griff haben. Welches Auto fährt Friede Springer? Und wo wohnt sie? Und wie stehts mit Reinhard Mohn? Oder Angelika Jahr? Alleine das Vermögen der Familie Jahr wird auf 2,4 Milliarden geschätzt. Friede Springer verfügt über ein Vermögen von 2,5 Milliarden Euro. Auch nicht so viel wie das Vermögen des reichsten Medienmagnaten Deutschlands, Reinhard Mohn (Bertelsmann). Dem gehören 6,5 Milliarden. Die reichste Diözese Deutschlands, Köln, verfügt angeblich über ein Vermögen von 166 Millionen. Peanuts. Wem eine Kirche wie der Kölner Dom gehört, der hat kein Vermögen, sondern einen Klotz am Bein.

Wo bleibt der investigative Journalist, der mal bei den Springers, Mohns und Jahrs in das Badezimmer kriecht?

Sonntag, 27. Oktober 2013

WOZ, MOZ, MEZ, MESZ: Warum wir eine Uhrzeitenwende brauchen.

Unsere Sonnenuhr
Seit einigen Tagen sind wir Eigentümer einer Sonnenuhr. Sie steht noch nicht im Garten und es ist eigentlich nicht die richtige Zeit für Sonnenuhren, aber weil sie an unsere Hochzeit erinnern soll, ist sie eben jetzt angekommen. Der Hersteller ist ein englischer Sonnenuhr-macher, Keith Bunting.

Seine Uhren haben mir am besten gefallen, sie bestehen aus einem edlen und stabilen Material, sind präzise, sie lassen sich individualisieren und - ganz wichtig - auf den jeweiligen Standort einstellen. 

Mit Uhren beschäftige ich mich, seit ich in Lund zum ersten Mal eine astronomische Uhr gesehen habe. Und seit ich mich mit Sonnenuhren beschäftige, weiß ich, daß es noch etwas Faszinierenderes gibt als die noch so ausgefeilteste astronomische Uhr: die große Himmelsuhr des Schöpfers aller Dinge.

Denn diese Uhr hat noch einen anderen Vorteil gegenüber all den Apparaten, die die Menschheit erfunden hat, um die Zeit zu messen: sie stimmt überein mit unserer inneren Uhr. Sonnenuhren zeigen die wahre Uhrzeit (WOZ), um zwölf steht die Sonne im Zenit, mechanische Uhren gehen mal vor, mal gehen sie nach, weil sich die Mittagszeit durch die Präzession der Erdachse und durch die elliptische Form der Erdumlaufbahn verschiebt. Mechanische Uhren gehen daher je nach Jahreszeit mehr als eine Viertelstunde "nach" oder "vor". Der Effekt (auf unserer Sonnenuhr ist er durch die Zeitgleichung, die Tabelle am unteren Rand dargestellt) macht insgesamt mehr als eine halbe Stunde aus.

Als die ersten noch recht ungenauen mechanischen Uhren aufkamen, fiel das nicht weiter auf, denn man mußte die Uhren sowieso regelmäßig nach einer Sonnenuhr stellen, einem "Mittagsweiser". Je präziser die Uhren wurden, umso mehr wurde deutlich, daß die Sonnen-Zeit eben nicht mechanisch verläuft, daß die Tage mal kürzer, mal länger sind als präzise 24 Stunden. Weil es viel zu aufwendig gewesen wäre, nun die präziser gewordenen mechanischen Uhren regelmäßig an die Sonne, unseren natürlichen Zeitgeber, anzupassen, einigte man sich auf die "Mittlere Ortszeit"(MOZ).

Mit der Einführung der "Eisenbahnzeit", der Zeitzonen nämlich, entfernten sich Wahre Ortszeit und Uhrzeit noch ein weiteres Stück. Die Anpassung wurde notwendig, weil mit den schnellen Eisenbahnen bei einer Reise in Richtung oder gegen die Richtung der Erdbewegung die Reisenden ständig ihre Uhren verstellen mußten, ein übersichtlicher Fahrplan, der die wirklichen Reisezeiten berücksichtigte, war so nicht möglich. Also führte man Zeitzonen ein, wir wohnen in der Zeitzone, in der die MEZ, die Mitteleuropäische Zeit gilt. Auch diese Neuerung läßt sich auf unserer Sonnenuhr ablesen. Die zwölfte Stunde beginnt etwa 25 Minuten bevor der Schatten des Gnomons genau nach Norden zeigt.  die "XII" ist daher 25 Minuten weiter westlich.

Und kommt noch die Sommerzeit dazu, kann es passieren, daß es zur "wahren" Mittagszeit an meinem Wohnort schon 13 Uhr 40 ist. Ein guter Grund wenigstens die Sommerzeit abzuschaffen. Also bitte dieses Petition unbedingt unterschreiben. Der Initiator ist ein Arzt, und er kann gute medizinische Gründen für die Abschaffung wenigsten dieser Form der "mechanischen" Zeit nennen.

Der Sinnspruch auf unserer Uhr - auf eine Sonnenuhr gehört immer sowas - stammt von der astronomischen Uhr in Münster

Astra regunt homines
Sed regit astra deus
Cedunt astra deo
Precibus deus ipse piorum

Die Gestirne beherrschen die Menschen
Doch Gott herrscht über die Gestirne
Die Gestirne folgen Gott
Gott selbst aber hört die Gebete der Frommen

Dienstag, 22. Oktober 2013

TvE und die 3-Pünktchen-Partei

Als ich noch ziemlich jung war, da hatte die F.D.P. noch drei Pünktchen, und manchmal wurde gelästert, das bedeute Fast Drei Prozent. Heute ist dieser Scherz Realität geworden.

Und warum das so ist, und wohl immer so bleiben wird, zeigt uns heute der liberale Hoffnungsträger Lindner. Das kirchliche Arbeitsrecht, "das das Privatleben der Beschäftigten" zensiere, passe nicht mehr "in die Zeit". Sagt er.

Für unbefangene Menschen hört sich das ganz harmlos an. Für befangene Menschen, zu denen ich mich unbedingt zähle, hört sich das nach einem Anschlag auf das Staatskirchenrecht an. Das regelt nämlich:"Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes."(Art 140 GG unter Bezug auf Art. 137 Weimarer Verfassung)

Dies bedeutet gerade nicht, daß die Religionsgemeinschaften auf ein eigenes Arbeitsrecht verzichten müssen, und schon gar nicht, daß die "Religionsgesellschaften" Menschen beschäftigen müssen, die weder die religiösen Überzeugungen ihres Arbeitgebers teilen, noch dessen moralischen Prinzipien. Die Katholische Kirche muß weder Atheisten noch Agnostiker beschäftigen, auch keine Muslime, Buddhisten, Taoisten, Konfuzianer, Vegetarier, Kommunisten oder Humanisten. Nicht mal Protestanten (was sie allerdings seit langer Zeit tut). Noch gilt die famose "Antidiskriminierungs"gesetzbarkeit der EU nicht für die Kirche. Die Kirche muß auch keine Ehebrecher und Anhänger der Homoehe beschäftigen.

Wenn die liberale Zukunft aus einer Rückbesinnung auf die jakobinische - antiklerikale -  Vergangenheit bestehen soll, dann wird sie wohl ausfallen. Denn wer nur mit den Wölfen heult, fällt in der zähnefletschenden Meute halt nicht weiter auf.

Montag, 21. Oktober 2013

"Wir sind Papst": das haben wir wohl mißverstanden

Gegen den Widerstand der deutschsprachigen Journaille kann niemand Bischof werden - siehe den casus Wagner - und niemand Bischof bleiben - siehe den casus Mixa.

Im Juni 2010 erschien ein Interview des Deutschlandfunks mit dem antikatholischen Aktivisten und FAZ-Redakteur Deckers, in dem dieser offen einräumt, daß Mixa einer konzertierten Intrige von linkskatholischen Heckenschützen und Journaillisten verschiedener linksliberaler Follitons zum Opfer gefallen ist. Das Interview ist im internet nicht mehr zu finden. Meine Mitschrift läßt sich hier nachlesen.

Vergleichbares ist im Fall Tebartz-van Elst nicht nur vorstellbar, sonder gewiß. Wer also ist Papst? Je nachdem, wie der Papst in Sachen TvE entscheidet, werden wir wissen, ob der Papst der Papst ist. Die historische Schlagzeile der Bildzeitung werden wir dann endgültig nicht mehr als lustigen Wortwitz, sondern als Drohung verstehen müssen.

Sonntag, 20. Oktober 2013

Im Schauprozeß gegen Tebartz-van Elst steht auch die Kirche vor Gericht

Madonna von Fatima, Kirche St. Dominik, Lissabon

Gerade zurück von der Wallfahrt nach Fatima. Während ich die Zeitungen einer Woche aufräume, lese ich die Schlagzeilen. Kein Wort über Fatima, keine Nachricht, auch nicht unter "Aus aller Welt", daß der Papst am 13. Oktober, dem wichtigsten Tag des Fatima-Jahres, die Weihe an das Unbefleckte Herz der Gottesmutter von Fatima in Rom wiederholt hat. Natürlich auch kein Wort über die diesjährige Fatima-Wallfahrt. Stattdessen Bischofs-Bashing aus allen privatrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Rohren.

Die Erde hat mich wieder. Ich sehne mich noch mehr zurück zum Himmel auf Erden. Der Platz vor der Basilika faßt 600.000 Menschen, auch dieses Jahr ist der Platz voll. Wieviel werden es wohl sein? 100.000 ? 200.000? Ich weiß es nicht. Jedenfalls viele. Auf dem Platz versammelt sich das Volk. Nicht die Schönen und Reichen, so sieht es hier nicht aus.

Vor dem Tabernakel in der älteren Kirche am Nordostrand des riesigen Platzes und vor den Gräbern der Kinder drängen sich die Gläubigen, Priester halten den ganzen Tag über Messen, vor dem Erscheinungsort, mitten auf dem Platz beten den ganzen Tag über Gläubige aus allen Ländern den Rosenkranz.

Auch hier - keine wirkliche Parallele zu Limburg - hat man einen modernen "Protz"bau gebaut, Protzbau, wenn man alles was über einen kleinen siebenstelligen Betrag hinausgeht, hier sind es 70 Millionen, schon als "Protz" ansieht. Ein liturgisch disfunktionales Rund, ganz im Sinne der nachkonziliaren Kirche, ohne Tabernakel, ohne eigentliche Reliquien. Das Licht kommt von einem der Industriearchitektur entlehnten Sheddach, das geschickt mit lichtdurchlässigen Segeln kaschiert ist. Natürlich umrunden die Sitzgelegenheiten - Kniebänke gibt es nur im vorderen Bereich - den Volxaltar. Papst Johannes Paul II hat zwar einen Stein aus dem Petrusgrab gestiftet, doch der ist, nimmt man es genau, eine Reliquie dritter Klasse.

Für die Hauptwallfahrtszeit ist dieser Bau bei weitem zu klein, als Ort der Anbetung des allerheiligsten Himmelsbrotes und als Ort Verehrung der Seligen erst gar nicht vorgesehen. Die Akkustik ist beeindruckend, die Lichtführung vorbildlich, aber mehr als ein wohl konstruierter Vorlesungssaal mit sakraler Dekoration ist dies nicht.

Keine Parallele zu Limburg, denn das architektonische Ensemble am Limburger Dom ist städtebaulich und architektonisch vorbildlich, und es ist, als Verwaltungszentrum, Ort der Versammlung und Sitz des Bischofs durchaus alles andere als disfunktional.

Aber eine andere Parallele zu Limburg läßt sich hier finden.

Wer die Geschichte des Wallfahrtsortes kennt, und die Botschaft, um die es hier geht, weiß, daß die Marienerscheinungen vom 13. Mai 1917 bis zum 13. Oktober eine dezidiert politische Botschaft hatten.  Die Botschaft richtete sich gegen den militanten Atheismus, der in diesem Jahren auch Portugal selbst beherrschte, aber bald, beginnend mit der russischen Revolution, noch viel blutigere Folgen für die Kirche zeitigen würde.

Nach der Revolution vom 1910, die zum Sturz des portugiesischen Königs führte, setzten die *piep*liberalen Republikaner eine antiklerikale Politik um, die in ihrer Brutalität selbst im vorwiegend antiklerikalen Europa dieser Jahre neue Maßstäbe setzte. Nicht nur wurde die Kirche erneut flächendeckend enteignet, wurden Orden aufgelöst, enteignet, und aus dem Land getrieben. Kirchliche Schule wurden verstaatlicht, in den nunmehr verstaatlichten Schulen wurde der Religionsunterricht abgeschafft. Priesterseminare wurden zwangsweise geschlossen, selbst das Glockengeläut wurde untersagt, Priester und Ordensleute wurde das Tragen der Soutane oder des Habits in der Öffentlichkeit verboten. Öffentliche Prozessionen wurden unterbunden, jede öffentliche Kundgabe des Glaubens stand unter Strafandrohung. Die Republik war der festen Überzeugung, daß der katholische Glaube, der Portugal so lange geprägt hatte, innerhalb von zwei Generationen aussterben werde. Und man wollte, weil er so gar nicht freiwillig ausstarb, kräftig nachhelfen.

Auch die drei Hirtenkinder, denen die Muttergottes von Fatima erschienen waren, wurden Opfer dieser brutalen Repression. Unmittelbar vor der von der Muttergottes angekündigten Erscheinung am 13. August 1917 wurden die drei Kinder, Lucia (10 Jahre), Francisco (9 Jahre) und Jacinta (7 Jahre) durch den Ortspräfekten verhaftet. Sie wurde ins Gefängnis geworfen, und mit der Drohung, man werde sie in siedendem Öl zu Tode braten, wenn sie ihre "Lügen" nicht widerriefen und die geheime Botschaft offenbarten, unter Druck gesetzt. Die Kinder widerriefen weder, noch verrieten sie das Geheimnis, das die Gottesmutter ihnen anvertraut hatte.  Nach Tagen wurden die Kinder freigelassen. Am 13. Oktober wurden 70.000 Menschen Zeugen der Erscheinung und Zeugen des "Sonnenwunders".

Wer nun die Pressekampagne gegen TvE dieser Tage sich zumutet, wird Parallelen erkennen müssen. Wieder einmal den Gipfel in der Kategorie hate-session dürfte Anne Will erreicht haben. Die Sendung ist ein echter Augenöffner. Da geht es längst nicht mehr um aus dem Ruder gelaufenen Baukosten eines eigentlich eher bescheidenen Bauvorhabens.

Schon die Zusammensetzung des Tribunals ist Spitze: Anne Will selbst, als Teil des wohl prominentesten Lesbenpärchens der Republik gewissermaßen eine geborene Feindin der Kirche, die militante, ehemals *piep*liberale nunmehr sozialdemokratische Atheistin Ingrid Matthäus-Maier, der KvD (Katholikenfresser vom Dienst) des Spiegel, Wensierski, der linkskatholische Haßprediger, Erst-Unterzeichner des Memorandum 2011 und langjährige Berater des *piep*liberalen Bischofs Kamphaus, und Münsteraner Professor (sic!) Schüller, schließlich der Prototyp des liberalkatholischen Weicheis, der hammurgische Weihbischof Jaschke.

Ein Schauprozess. Was ist das? Ein Prozeß der keinen Verteidiger kennt (wäre Jaschke einer, ich würde sofort beantragen, diesen notorischen Mandantenverräter aus der Kammer zu werfen und in den Knast zu stecken). Keine unabhängigen Richter - parteiischer als die Homolobbyistin Will in Sache Kirche kann man eigentlich kaum sein. Nur Ankläger: Will, Matthäus-Maier, Wensierski, Schüller.
"Es geht inzwischen längst nicht mehr um den Limburger Bischof, inzwischen wird auch längst gefragt, ist diese Kirche zu reich, und warum genau finanzieren ausnahmslos alle Steuerzahler die Kirche mit, wenn die doch zumindest bei Bauvorhaben weder Mühen noch vor allem Kosten scheut."
So die einleitenden Worte der "Moderatorin". Könnte von einer beliebigen Atheistenwebsite abgeschrieben sein und ist so verdreht wie verlogen. Es geht wieder einmal um die Dotationen, Entschädigungen für die flächendeckende Enteignung jeglichen kirchlichen Besitzes 1803 - die in der Summe nur eine äußerst schäbige Entschädigung für das Riesenvermögen waren, daß die weltlichen Fürsten jener Zeit der Kirche raubten. Das Problem ließe sich einfach lösen, durch die Kapitalisierung der Dotationen - aber seit fast einem Jahrhundert - die Kapitalisierung der Dotationen ist bereits Auftrag der Weimarer Verfassung - zahlt der Staat lieber die bescheidenen Zinsen auf das Kapital, als sich noch höher zu verschulden, um das Problem, das ich wirklich für eines halte, aus der Welt zu schaffen. Warum wohl?

Die Sendung ist kaum zu ertragen. Aber die Äußerungen lassen doch tief blicken. Kurz zusammengefaßt, und für die, die sich diesen Schauprozeß nicht zumuten wollen:

Schüller beklagt sich darüber, daß TvE einen Priester gemaßregelt hat, der ein homosexuelles Paar "getraut" hat und dies - so Schüller - sei für ihn der Anlaß für die Aufgabe seines "Berater"amtes gewesen. Konsequent, man lese das Memorandum Libertinage.de. Der aus dem Off eingeschaltete Riebel - Mitglied des veranwortlichen Kontrollgremiums behauptet, der Bischof sei krank. Jaschke findet natürlich die Hetzjagd der Journaille irgendwie so ganz toll schön kritisch. (Und erntet natürlich Beifall - katholisches Anbiedermeier at its best), Matthäus-Maier bringt die Diskussion auf die sogenannten Dotationen - gar nicht zu unrecht.

Wer wissen will, worum es geht, sehe sich das Propagandafilmchen ab der Minute 45 an. Da geht es um das "riesige Vermögen" der Kirche. In der Folge geht es dann zur Sache. Das kirchliche Arbeitsrecht wird ins Visier genommen, die christlichen Kindergärten, die christlichen Krankenhäuser, die christlichen Schulen. Das Recht der Kirche, von ihren Angestellten in ihren Einrichtungen zu verlangen, daß sie nicht nur der Kirche angehören, sondern sich auch an die Normen der Kirche halten. Und was die Dotationen angeht - die Juristin Matthäus-Maier ist allen Ernstes der Auffassung, daß man die Dotationen entgegen des ausdrücklichen Auftrages der Verfassung, die von Ablösung spricht, "kassieren" könne. Und unter Bruch des Konkordats, also eines völkerrechtlich verbindlichen Vertrages, weil der ja "von Hitler" mit dem päpstlichen Stuhl geschlossen wurde. Wensierski stimmt zu.

Die Kirche steht vor Gericht. Und was Napoleon vor mehr als zweihundert Jahren nicht zu Ende gebracht hat, soll nun gnadenlos exekutiert werden: die vollständige Enteignung der Kirche und die flächendeckende Säkularisierung all ihrer Einrichtungen. Wenn man den Beifall der jungen Menschen, die dieser jakobinischen hate-session beigewohnt haben ins Kalkül zieht, könnte man schon ein bißchen Angst bekommen.

Und was Matthäus-Maier angeht: sie steht geisteshistorisch für den Unmenschen, der vor 96 Jahren nicht davor zurückschreckte, drei kleinen Kindern, die von ihrem Glauben nicht abließen, mit dem Tod durch Verbrennung zu drohen.

Freitag, 4. Oktober 2013

Dummdeutsch: Wertkonservativ

Konfuzius. Traditionelle Darstellung

Seit mehr als einem Monat liegt dieser Blog brach. Der Grund ist einfach: horror vacui. Je größer die Leere nach dem letzten Post ist, desto größer der Horror davor, dieses Vaccum zu füllen.

Deshalb fange ich langsam an. Heute mit einem Exkurs zu einem dummen Wort: wertkonservativ. Man hörte das Wort in letzter Zeit öfter. Vor allem von Publizisten und Politikern, gerade auch von denen, sie sich selbst als konservativ einschätzen.

Heute auch ein Einstieg in ein neues Label: Dummdeutsch. Politisch-theologisches Dummdeutsch zumeist, den es sind gerade die politisch-theologischen Begriffe, die verbogen, verfälscht und umgefälscht werden. Mit nachvollziehbarer Absicht.

Absichtsvoll werden die Wörter verbogen. Nehmen wir das Wort Familie: Familie ist dort, wo Kinder sind. Vielleicht die dummdeutscheste aller Begriffsverwirrungen, denn dann wäre ein Kindergarten, eine Kinderkrippe, ein Erziehungsheim, ein Schulbus, ein Spielplatz Familie, denn da sind ja Kinder.

Ein Trupp Jugendamtsmitarbeiter, die mithilfe einer Polizeistreife Kinder klauen, wäre dann Familie, denn in dem Einsatzbus, in dem die weinenden und schreienden Kinder gefangen sind, ist ja dann doch Familie, oder? Die Zahl der "Inobhutnahmen" durch die Jugendämter ist übrigens parallel zur Entleerung der Begriffe "Ehe und Familie" dramatisch gestiegen. Definitionen besitzen materielle Gewalt. Die "traditionelle" Familie gilt nunmehr als Inbegriff eines Gewaltzusammenhangs. Die an Zahl und Anzahl der Gefangenen zunehmenden Kinderbewahranstalten gelten hingegen als Kinderparadies.

Zurück zum Anfang: warum also ist das Wort "konservativ" ungebräuchlich geworden? Weil es prinzipiell einen guten Klang hatte, aber gleichzeitig einem politischen Lager zugeordnet war, dem bürgerlichen Lager. Die sprachliche Cuvée "wertkonservativ" hat einen Autor, und dessen Absichten waren offenkundig. Der Autor dieses Kunstwortes ist der sozialdemokratische Politiker Erhard Eppler. In seinem 1975 erschienen Buch "Ende oder Wende" - das zu dem in den 70er beliebten Genre der Doomsdayliteratur gehört - bezeichnet Eppler seine eigene Position, die eines Ökosozialisten, als "wertkonservativ", die gegnerische Position als "strukturkonservativ". Ansonsten ist das Buch nicht weiter lesenswert, es referiert im wesentlichen die Gruselschocker vom nahen Weltenende, die in den 70igern in Umlauf waren. Der Klappentext, etwa der, den Gustav Heinemann seinem Bruder im Geiste im Spiegel geschrieben hat, sollte genügen. Heute wirken die Thesen - etwa die von der drohenden Überbevölkerung - nur noch peinlich bis fatal.

Das Buch war mit gutem Grund wenig erfolgreich, aber die Aufspaltung des Wortes konservativ in wertkonservativ und strukturkonservativ hatte Bestand. Damit war gelungen, auch der politischen Linken, also den Feinden der konservativen "Gesellschaftsstruktur", beinhaltend die repressive Sexualmoral der Katholischen Kirche, der auf dem privaten Eigentum beruhenden "kapitalistischen" Wirtschaft, der "traditionellen Familie, das positiv besetze Wort "konservativ" zu verleihen. Was ist nun "wertkonservativ"?
Als wertkonservativ bezeichnete Eppler eine Politik, die sich für die Bewahrung der Natur, einer humanen und solidarischen menschlichen Gemeinschaft, sowie Wert und Würde des Einzelnen einsetzt. Damit bezog sich Eppler vor allem auf die in den 1970er Jahren erstarkende Umwelt- und Friedensbewegung.Diese wolle Herrschaftsstrukturen verändern, um bestimmte Werte zu erhalten. (laut wikipedia)
Die grünkommunistische Bewegung um die Altkommunisten, Altanarchisten und Sexualrevolutionäre Trittin, Roth, Cohn-Bendit, Fischer, Kretschmann durften sich nun als wertkonservativ geadelt fühlen, denn für Umweltschutz und für die "humane und solidarische menschliche Gesellschaft", die sich für die "Würde des Einzelnen" einsetzt ist doch schließlich ein jeder, nicht?

Ein Geniestreich. Ein Musterbeispiel für Newspeak, für die absichtsvolle Veränderung der politischen Sprache. Man sollte einen Preis für Sprachverhunzung einführen. Wie wäre es mit der ehernen Brechstange für Sprachunkultur? Erhard Eppler sollte der erste Preisträger sein.
Dsï Lu sprach: »Der Fürst von We wartet auf den Meister, um die Regierung auszuüben. Was würde der Meister zuerst in Angriff nehmen?« Der Meister sprach: »Sicherlich die Richtigstellung der Begriffe.« Dsï Lu sprach: »Darum sollte es sich handeln? Da hat der Meister weit gefehlt! Warum denn deren Richtigstellung?« Der Meister sprach: »Wie roh du bist, Yu! Der Edle läßt das, was er nicht versteht, sozusagen beiseite. Wenn die Begriffe nicht richtig sind, so stimmen die Worte nicht; stimmen die Worte nicht, so kommen die Werke nicht zustande; kommen die Werke nicht zustande, so gedeiht Moral und Kunst nicht; gedeiht Moral und Kunst nicht, so treffen die Strafen nicht; treffen die Strafen nicht, so weiß das Volk nicht, wohin Hand und Fuß setzen. Darum sorge der Edle, daß er seine Begriffe unter allen Umständen zu Worte bringen kann und seine Worte unter allen Umständen zu Taten machen kann. Der Edle duldet nicht, daß in seinen Worten irgend etwas in Unordnung ist. Das ist es, worauf alles ankommt.« (Kung Fu Zi)