Donnerstag, 28. Februar 2013

Manno! Wieso tritt ausgerechnet mein Papst zurück?

Ja, Benedikt der XVIte ist MEIN Papst. Nicht nur deshalb, weil er der einzige Papst ist, dessen gesamtes Pontifikat ich als Katholik durchlebt habe. Ich bin am 8.12.2002 in die katholische Kirche aufgenommen worden, in den letzten Jahren des Pontifikats Johannes Paul IIten. Sondern auch, weil es ein Buch Joseph Ratzingers war, das "Salz der Erde", das mir den katholischen Glauben begreifbar gemacht hat.

Ich habe es in Berlin gekauft, in einem wunderlichen katholischen Laden, irgendwo auf dem Weg zu irgendeinem Gericht. Ich habe da mal gefragt, ob es nicht ein Buch gäbe, wo alles über den Katholizismus drinstünde, bitte verständlich formuliert, für Menschen die zum Beispiel Juristen sind, und auch sonst von beschränkter Natur.

Das müsse ich lesen, sei genau das richtige für mich. Ich war - um ehrlich zu sein - geschockt. Der? Der Panzerkardinal? Über Ratzinger hatte ich bisher nur alles erdenklich Schlechte gehört und gelesen. Aber das Buch war gut. Genau das richtige. Als ich alles durchgelesen hatte, kaufte ich mir das nächste Ratzinger-Buch. Und dann noch eines und inzwischen habe ich fast die ganze Bibliothek. Immer wieder faszinierte mich dieser glasklare Stil, nie habe ich ein Buch zur Seite gelegt, ohne das Gefühl, wieder etwas über den Glauben gelernt zu haben, endlich wieder eine Antwort auf die vielen Fragen gefunden zu haben, die unser ach so schrecklich komplizierter Glaube aufwirft.

Später habe ich dann Predigten und Ansprachen gehört, und immer hat mich diese leise, brüchige Stimme angerührt, dieser kleine Mann mit den typischen Gesten eines Schüchternen, der alles schon verstanden hat, aber sich doch dazu überwinden muß, zu diesen Massen zu reden, die sich vor ihm versammeln, um ihn zu hören.

Eine Rede gibt es, die Rede vor dem Bundestag anläßlich seine Besuchs in Deutschland, die mir ganz besonders in Erinnerung geblieben ist. Sie ist mir in Erinnerung geblieben, weil sie mein Lebensthema betrifft, das Verhältnis von Politik und Recht. Und ich habe mit Bedauern zur Kenntnis nehmen müssen, daß diese große Rede, die ganz bestimmt zu den wichtigsten Reden gehört, die in unserem Parlament jemals gehalten worden sind, nicht gehört, und wenn sie gehört worden ist, wohl nicht verstanden worden ist, und auf keinen Fall von irgend jemandem, dem sie zugedacht war, "beherzigt" worden ist.

Danach war wieder nur Geschäft.


Dienstag, 19. Februar 2013

Max (Horkheimer) und Joseph (Ratzinger) diese beiden: über den Eros


Das kurze Filmchen über meinen Lieblingsprofessor Max Horkheimer könnt ich mir immer wieder ansehen. Wie Max nach einem kurzen Resümee der Marxschen Theorie hinter seiner schwarzen Hornbrille kurz und knackig hervorblafft:

DIESE THEORIE IST FALSCH!!!

Einfach unnachahmlich. Über das berühmte Interview Max Horkheimers über die "Sehnsucht nach dem ganz Anderen" hab ich ja auch schon mal ein bißchen geschrieben. Daß die Ikone der 68er, dessen mit Adorno geschriebenes Werk "Dialektik der Aufklärung" in die berühmt-berüchtigte "Schwarze Reihe" aufgenommen wurde, den Sexualrevolutionären ins Stammbuch schrieb, daß wir "die Pille mit dem Tod der erotischen Liebe bezahlen" müssen, hat wohl einige erschüttert, aber doch letztlich keinen mehr wirklich bewegt.

Aber Horkheimers Diagnose traf zu, ebenso wie alle Prognosen seines Zeit- und Leidgenossen Papst Paul VI, die er in "Humanae vitae" niederschrieb. Horkheimer sagte den Tod der erotischen Liebe voraus, Paul VI das Ende der christlichen Ehe. Beides trat ein, oder höre ich Widerspruch?

Auch Professor Joseph Ratzinger, hat ja, um beim Thema zu bleiben, etwas über den Eros geschrieben. In seiner ersten Enzyklika "Deus Caritas est", und, rückblickend, klingt es wie eine Anwort und Bestätigung des knackigen Kernsatzes "Die Pille müssen wir mit dem Tod der erotischen Liebe bezahlen":
Heute wird dem Christentum der Vergangenheit vielfach Leibfeindlichkeit vorgeworfen, und Tendenzen in dieser Richtung hat es auch immer gegeben. Aber die Art von Verherrlichung des Leibes, die wir heute erleben, ist trügerisch. Der zum ,,Sex’’ degradierte Eros wird zur Ware, zur bloßen ,,Sache’’; man kann ihn kaufen und verkaufen, ja, der Mensch selbst wird dabei zur Ware. In Wirklichkeit ist dies gerade nicht das große Ja des Menschen zu seinem Leib. Im Gegenteil: Er betrachtet nun den Leib und die Geschlechtlichkeit als das bloß Materielle an sich, das er kalkulierend einsetzt und ausnützt. Es erscheint nicht als Bereich seiner Freiheit, sondern als ein Etwas, das er auf seine Weise zugleich genußvoll und unschädlich zu machen versucht. In Wirklichkeit stehen wir dabei vor einer Entwürdigung des menschlichen Leibes, der nicht mehr ins Ganze der Freiheit unserer Existenz integriert, nicht mehr lebendiger Ausdruck der Ganzheit unseres Seins ist, sondern gleichsam ins bloß Biologische zurückgestoßen wird. Die scheinbare Verherrlichung des Leibes kann ganz schnell in Haß auf die Leiblichkeit umschlagen. Demgegenüber hat der christliche Glaube immer den Menschen als das zweieinige Wesen angesehen, in dem Geist und Materie ineinandergreifen und beide gerade so einen neuen Adel erfahren. Ja, Eros will uns zum Göttlichen hinreißen, uns über uns selbst hinausführen, aber gerade darum verlangt er einen Weg des Aufstiegs, der Verzichte, der Reinigungen und Heilungen.
Ja das ist fern, ach so fern von dem was unsere Kirchenreformer unter "Liebe" und befreiter Sexualität verstehen, wovon sie ja beständig reden, und lebte Max Horkheimer noch und hätten am letzten Samstag Max Horkheimer und Benedikt der XVI gemeinsam vor dem Fernseher gesessen, um sich das Wort zum Sonntag anzuhören, so hätten sie vermutlich synchron den Kopf geschüttelt:
Deshalb verbinde ich mit dem Rücktritt von Papst Benedikt XVI. meine Vision von Kirche: Ich wünsche mir, dass meine katholische Kirche den Mut aufbringt und sich durchringt zu tiefgreifenden Reformen im Geiste Jesu: Dass die Kirche offen, bescheiden, mitfühlend gerade auch auf die Menschen zugeht, die anders leben, als es offiziell-kirchlichen Vorstellungen entspricht. Ich denke an wiederverheiratete Geschiedene oder an homosexuelle Partnerschaften. Ich wünsche auch, dass sich die Kirche öffnet für demokratische Strukturen vor Ort. Und wegkommt vom strengen römischen Zentralismus. Ich wünsche mir, dass meine Kirche bereit ist zur Gleichstellung von Frau und Mann in allen Bereichen. Und dass sie ernsthaft darüber nachdenkt, ob der Pflichtzölibat für Priester wirklich dem Evangelium Jesu entspricht und noch zeitgemäß ist.
Da ließe sich nun vieles dazu sagen, verbindet es doch alle linken Marotten, radikaler Individualismus (MEINE katholische Kirche). Indifferentismus (gegenüber allen die "anders leben"), Untergrundromantik (wer sind wohl die Nicht-offiziell-kirchlichen?), Gleichmacherei (Gleichstellung von Mann und Frau in ALLEN Bereichen (also konsequenterweise das Ende von Bidet und Pissoir)), Demokratismus (natürlich erst mal vor Ort), die Banalisierung der Sakramente von Ehe (>Scheidung), und Priestertum (>Zölibat). und Eucharistie (>gemeinsames "Abendmahl")

Das gar nicht so unerklärliche Faible für "homosexuelle Partnerschaften" zählt immer zu diesem Katalog. Gleichmacherei auch hier. Die eigentümliche Neigung zum schwul-schwülstigen hat noch alle "Leveller"  gekennzeichnet, von den Jakobinern über den Turnvater Jahn bis zur nazi-sozialistischen SA.

Aber ist denn, um zum Thema zurückzukommen, die Anziehung innerhalb einer "homosexuellen Partnerschaft" erotisch? Das wäre eine Vergewaltigung der deutschen, oder genauer, der griechischen Sprache, denn Eros zwischen Homos ist Homoerotik. Erotische Liebe ist stets die zwischen zwei wesentlich, nämlich sexuell verschiedenen Partnern. Ein Abglanz der göttlichen Caritas, die mit der, nun wieder horkheimerisch "Sehnsucht nach dem ganz Anderen" beantwortet wird. Horkheimer, Ratzinger und Paulus (Epheser 5, 21 ff.) wären sich hier völlig einig.

Eine vertiefte Auseinandersetzung zum Thema, Horkheimer/Ratzinger/68er findet sich hier. Achtung, das ist echte, schwere Theorie! Ohne Literatur-Apparat nicht zu bewältigen!


Montag, 11. Februar 2013

Fratres carissimi - Benedikt tritt zurück.

Fratres carissimi

Non solum propter tres canonizationes ad hoc Consistorium vos convocavi, sed etiam ut vobis decisionem magni momenti pro Ecclesiae vitae communicem. Conscientia mea iterum atque iterum coram Deo explorata ad cognitionem certam perveni vires meas ingravescente aetate non iam aptas esse ad munus Petrinum aeque administrandum.

Bene conscius sum hoc munus secundum suam essentiam spiritualem non solum agendo et loquendo exsequi debere, sed non minus patiendo et orando. Attamen in mundo nostri temporis rapidis mutationibus subiecto et quaestionibus magni ponderis pro vita fidei perturbato ad navem Sancti Petri gubernandam et ad annuntiandum Evangelium etiam vigor quidam corporis et animae necessarius est, qui ultimis mensibus in me modo tali minuitur, ut incapacitatem meam ad ministerium mihi commissum bene administrandum agnoscere debeam. Quapropter bene conscius ponderis huius actus plena libertate declaro me ministerio Episcopi Romae, Successoris Sancti Petri, mihi per manus Cardinalium die 19 aprilis MMV commissum renuntiare ita ut a die 28 februarii MMXIII, hora 29, sedes Romae, sedes Sancti Petri vacet et Conclave ad eligendum novum Summum Pontificem ab his quibus competit convocandum esse.

Fratres carissimi, ex toto corde gratias ago vobis pro omni amore et labore, quo mecum pondus ministerii mei portastis et veniam peto pro omnibus defectibus meis. Nunc autem Sanctam Dei Ecclesiam curae Summi eius Pastoris, Domini nostri Iesu Christi confidimus sanctamque eius Matrem Mariam imploramus, ut patribus Cardinalibus in eligendo novo Summo Pontifice materna sua bonitate assistat. Quod ad me attinet etiam in futuro vita orationi dedicata Sanctae Ecclesiae Dei toto ex corde servire velim.

Ex Aedibus Vaticanis, die 10 mensis februarii MMXIII

BENEDICTUS PP XVI

Es fiel mir schon häufiger auf, daß die Übersetzung der Reden der Päpste in die deutsche und englische Sprache einen eigentümlichen Charakter haben. Dies beginnt bei der Übersetzung der Anrede. Heißt es im lateinischen Original "Carissimi" also "Liebste", in der italienischen Übersetzung entsprechend "Carissimi", im Französischen "Frères très chers", im spanischen "Queridisimos hermanos", so übersetzen die Angelsachsen und Germanen mit "Dear brothers" und "Liebe Mitbrüder". Meine Emotionen beziehen sich nun nicht wesentlich auf die Übersetzung, aber warum ist die deutsche Übersetzung eigentlich immer die schluffigste? Nicht nur "Liebe" statt "Liebste", sondern auch noch "Mit"brüder statt einfach nur "Brüder"?

Es hat mir immer in der Seele weh getan, daß dieser Papst, der wegen meiner späten Konversion zur katholischen Kirche im letzten Jahr des Pontifikates von Johannes Paul II auch biographisch "Mein" Papst gewesen war, von seinen "Mit"brüdern so wenig angenommen und so wenig unterstützt worden ist. Sagen wir es doch, wie es ist - abgesehen von vorschriftsmäßigen Floskeln, die einem deutschen Bischof ja nicht erspart bleiben, ist dieser so liebenswürdige, so feine, so kluge, so gebildete Papst von seinem deutschen "Mit"brüdern eher als Unglück angesehen worden.

Dabei war es doch dieser Theologenpapst, der am besten geeignet gewesen war, dem hochwissenschaftlich daherkommenden Neoatheismus (oder theologisch gesehen, dem Neoarianismus) die "eigene Melodie vorzusingen" um die "Verhältnisse zum Tanzen zu bringen".

Doch aus deutschen Landen kam etwa in der Kommentierung zu Benedikts Jesusbüchern nur Altbackenes und Altbekanntes oder - gar nichts. Und die große Rede Benedikts vor dem deutschen Parlament ist, wenn ich die Meinungsäußerung deutscher Politiker Revue passieren lasse - einfach nicht verstanden worden. Klassische Bildung geht der demokratischen Elite offenbar völlig ab.

Rückblickend scheint mir, als habe es der Heilige Geist mit uns Deutschen noch einmal im Guten versucht.

Der nächste Papst wird breitere Schultern haben. Daß nun ausgerechnet Bischof Müller, den man hierorts mit dem unübersetzbaren Begriff des "Urumbels" bezeichnen würde, Benedikts Position bei der Glaubenskongregation besetzt, könnte rein klimatisch darauf hindeuten, welche Statur der künftige Papst haben wird. Ich habe da eine konkrete Vorstellung, wer es werden könnte.

Samstag, 2. Februar 2013

Mariä Lichtmeß: Katholisch first class


Ich genieße das Privileg, einer Gemeinde anzugehören, deren Pfarrer regelmäßig die Messe im Usus antiquior feiert. Ein nicht nur mystisches, sondern auch irdisches Erlebnis, denn Riten und Gesten gehen in eine sinnlich-manifestere Zeit zurück.

Die Messe zu Mariä Lichtmess beginnt mit einer Prozession und der Pfarrer, der an der Spitze der Prozession geht, trägt - ein Pluviale. Einen Regenmantel (pluvium=Regen), um es der Wortbedeutung gemäß zu übersetzen. Prozessionen fanden in sinnlich-manifesteren Zeiten außerhalb der Kirchengebäude statt.

Die Hymne des Tages ist die der Complet, das nunc dimittis. Hier in einer irdischen Version der Voices8. Und hier noch einmal etwas ätherischer in der Fassung des Exeter Cathedral Chor.



Gegengift, wo doch jetzt auf allen Kanälen nicht nur vom post-agrarischen, sondern selbst vom post-industriellen Zeitalter die Rede ist. Vor allem von den Protagonist_Innen, die irgendwas mit Medien machen.

Die Alte Messe vermittelt uns die irdische Tatsache, daß unser Leben in seiner bloßen Existenz noch immer von Regen und Sonnenschein abhängig ist. Und daß sich die Gläubigen nicht zum Stelldichein am Mahltisch einfinden, sondern zur Vergegenwärtigung des Kreuzesopfers Jesu Christi.